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Auf ein gutes Wiedersehen

Veröffentlicht am 21.09.2014
Absagen und Frustpotenzial - souveräner Umgang - myjob.ch
Auf ein gutes Wiedersehen   Absagen: Nachfragen ist erlaubt und empfehlenswert, zur Auskunft verpflichtet sind Firmen aber nicht
Sich bewerben birgt Frustpotenzial. Denn eine Absage ist wahrscheinlicher als eine Zusage. Souverän damit umgehen, fällt oft schwer. Warum es wichtig und wie es zu schaffen ist.
 
Von Vera Sohmer
 

„Nehmen Sie eine Absage ernst, aber nicht persönlich.“ Wer auf seinen Traumjob hoffte und gerade sein zurückgeschicktes Dossier in der Hand hält, kann auf derlei schlaue Ratschläge vermutlich verzichten. Erst recht, wenn man im Absageschreiben wieder mit Standard-Sprüchen abgespeist wurde.
 
Doch die Empfehlung ist gescheit und nahe an der Realität. Viele Unternehmen ertrinken fast in der Bewerberflut. Mehr als 100 Zuschriften auf eine Stelle sind bei Nestlé die Regel. 50 000 Dossiers erhielt die Schweizerische Post vergangenes Jahr auf 1400 ausgeschriebene Stellen. Das zeigt: Personalfachleuten bleibt überhaupt keine Zeit, auf jede Bewerbung mit einem persönlich verfassten Schreiben zu reagieren. Wer bei der ersten Runde rausfliegt, bekommt deshalb in aller Regel einen Standardtext.
 
Abfinden müssen sich Jobsuchende damit nicht. Nachfragen ist erlaubt und sogar empfehlenswert. Vor allem, wenn sie davon überzeugt waren, dass die Arbeitsstelle zu ihnen gepasst hätte. Dabei ist jedoch wichtig zu wissen: Mit dem Absageschreiben hat die Personalabteilung ihren Part eigentlich erledigt. Alles, was sie darüber hinaus macht, ist guter Wille.
 
Nachhaken kann also erneut frustrieren, und das muss man auszuhalten können. Der Anrufer bekommt vielleicht wiederum nur Floskeln zu hören – oder die Personalchefin kann sich angesichts der Mappen-Stapel gar nicht an den Einzelnen erinnern. In anderen Fällen können sich hilfreiche Gespräche entwickeln und Bewerber bekommen wertvolle Tipps. Vielleicht war das Dossier ansprechend, aber es wurden drei Kandidaten eingeladen, die in wesentlichen Aufgabengebieten mehr Berufserfahrung mitbringen. Oder: Bei derart vielen Bewerbungen musste nach einem bestimmten Raster aussortiert werden – fundierte Französischkenntnisse etwa waren kein Muss-Kriterium, aber in diesem Fall mit ausschlaggebend, um in die engere Wahl zu kommen.
 
Absagen zu kassieren, kann einen in Selbstzweifel stürzen, ein lähmendes Gefühl auslösen. Auch dagegen ist gezieltes Nachfragen eine gute Strategie. Es bannt darüber hinaus die Gefahr, sich etwas zusammenzureimen, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Ein klärendes Gespräch kann zeigen: Mit mir stimmt alles, meine Chancen sind intakt. Aber für diese Funktion hätte mir eine wesentliche Qualifikation gefehlt. Ein wichtiger Hinweis also, welche Weiterbildung es braucht, um sein Profil zu schärfen, die Attraktivität für den Arbeitsmarkt zu steigern. Und wie Personalfachleute ticken.
 
Dass diese von sich aus aktiv werden, auch das ist möglich und gehört oft sogar zum guten Ton. Nämlich dann, wenn Firmen einem Kandidaten oder einer Kandidatin nach einem Vorstellungsgespräch absagen müssen. ABB Schweiz verfährt derart aus zwei Gründen. Zum einen, um nochmals den persönlichen Kontakt zu suchen und offene Fragen zu klären. Zum anderen, um auf mögliche andere Jobs im Unternehmen hinzuweisen. Bei den Helvetia Versicherungen hat sich diese Praxis ebenfalls etabliert. „Bewerber haben ein Anrecht auf ein Feedback, warum sie die Stelle nicht gekommen haben“, heisst es dort. Als Arbeitgeber gelte es, eine gute Visitenkarte zu hinterlassen – so klopft ein aussichtsreicher Kandidat vielleicht das nächste Mal wieder an und kann dann punkten.
 
Bei solchen „Absagesprächen“ können Bewerberinnen und Bewerber mit einem ehrlichen Feedback rechnen, beteuern die Firmen. Es wird zurückgemeldet, was die Kandidaten gut gemacht haben und was sie verbessern sollten. Vielleicht fehlt es an Fachlichem. Vielleicht gibt es Unvorteilhaftes am Verhalten. Einen schlechten Eindruck hinterlässt beispielsweise, wer im Vorstellungsgespräch die interviewführende Person ständig unterbricht.
 
Egal, ob Bewerber selbst anrufen oder angerufen werden: Immer sachlich bleiben. Personalfachleute sind zwar jene, die Absagen erteilen, aber das ist ihre Aufgabe und hat nichts mit Aversion zu tun. Es kommt schlecht an, deren Entscheid anzuzweifeln oder auf das Nein mit Vorwürfen zu reagieren. Besser ist deshalb, das Gespräch erst dann zu suchen, wenn sich die erste Enttäuschung oder Wut gelegt hat.
 
Es professionell anzugehen, ist wichtig auf der ganzen Linie. Zeigen, dass man etwas lernen möchte für künftige Bewerbungen, bereit sein, Kritik konstruktiv aufzunehmen. „Bleiben Sie positiv in Erinnerung“, rät der Basler Karrierecoach Michael F. Gschwind. Wer weiss: Ist mal wieder ein Arbeitsplatz frei, wird sich die Personalabteilung vielleicht gerne an Sie erinnern.