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Nicht persönlich nehmen!

Veröffentlicht am 14.10.2017
Nicht persönlich nehmen!
Jobabsagen können am Selbstvertrauen nagen. Wie Bewerbende leichter damit fertig werden.
Von Manuela Specker
 
Eigentlich schien alles perfekt. Der Kandidat erfüllte sämtliche Punkte des Stelleninserates. Und er wusste, dass es in dieser Kombination nicht viele andere Anwärter gibt. Das Motivationsschreiben fiel ihm leicht von der Hand wie noch nie. Alles in allem eine stimmige Sache, davon war er felsenfest überzeugt. Dann, nach zwei Wochen, die grosse Ernüchterung: Per E-Mail folgte der Bescheid, dass sehr viele qualifizierte Bewerbungen eingegangen seien, die noch besser auf das Profil passen.
 
Für den Stellensuchenden kam diese Absage einem Affront gleich, konnte er sich doch nicht einmal persönlich vorstellen gehen. Wer dieses Szenario mehrmals hintereinander erlebt, kann schnell einmal den Mut verlieren und an sich zu zweifeln beginnen. So banal der Ratschlag klingt, aber um eben diese Abwärtsspirale zu vermeiden, sollten Jobabsagen keinesfalls persönlich genommen werden.
 
Denn was sich Bewerber immer vor Augen halten müssen: sie kennen nur die objektiven Anforderungskriterien, aber nicht, was den künftigen Vorgesetzten besonders wichtig ist, wie sie ticken, welche Vorlieben und Abneigungen sie haben. Einen passenden neuen Mitarbeitenden zu finden ist kein objektiver Prozess, da spielen ganz viele andere Faktoren mit – ähnlich wie beim Entscheid, mit welchem Menschen man sein Leben verbringen möchte. 
 
Um einige konkrete Beispiele zu nennen: Die Vorgesetzte hat vielleicht ein Problem damit, wenn jemand besser ausgebildet als sie.  Darum landet die Bewerbung, auch wenn sie noch so brillant ist, im Ordner für die Absagen. Ein anderer Vorgesetzter möchte unbedingt eine Frau zwischen 40 und 50, um eine optimale Durchmischung des Teams zu erreichen. Diversity lautet für ihn das Schlagwort der Stunde. Aber natürlich will er diese Beschränkung nicht bereits im Stelleninserat kundtun.
 
Kommt es zum Vorstellungsgespräch, sind es immer auch weiche Faktoren, die den Entscheid beeinflussen: Ist man sich gegenseitig sympathisch? Stimmt die Wellenlänge? Mit harten Qualifikationen hat das wenig zu tun. Nur schon deshalb sollten Absagen mit der nötigen Distanz akzeptiert werden anstatt damit zu hadern.
 
 
Absagen mit Stil

Zumindest wer es als Bewerber weit geschafft hat, sollte auch eine Absage mit Stil erhalten anstatt vom Unternehmen mit Standardfloskeln abgespiesen zu werden – das macht es zweifellos einfacher, die Absage zu verdauen. Wer aber den Firmen austauschbare Bewerbungsschreiben schickt, muss sich nicht wundern, wenn die Antwort ausbleibt oder wenn man mit ein paar nichtssagenden Zeilen abgespeist wird. Standardschreiben liegen bis zu einem gewissen Grad in der Natur der Sache: In grösseren Unternehmen dominieren solche Absageschreiben, da ansonsten die Flut an Bewerbungen nicht zu bewältigen wäre. Zudem ist es auf der Grundlage schriftlicher Unterlagen allein nahezu unmöglich, individuell auf die Kandidaten einzugehen.
 
Eine deutsche Experten-Jury mit Mitarbeitenden von Jobware, Kienbaum und der deutschen Hochschule Fresenius haben jüngst die besten Absageschreiben gekürt. Ein stilvolles «Nein» zeichnet sich dadurch aus, dass in der Absage dem Kandidaten erklärt wird, weshalb er nicht zur offenen Position passt. Mit anderen Worten: Es gibt keine schlechten Kandidaten, nur unpassende Positionen.
 

Anbei zwei gelungene Beispiele:
 
„Ihre Bewerbung ist in die engere Wahl gekommen. Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass wir uns nach sorgfältiger Prüfung anderweitig entschieden haben. Manchmal sind es nur kleine Nuancen, die eine Entscheidung zwischen den Bewerbern ausmachen.“ (BTC Business Technology Consulting AG)
 
„Aikansa kutakin sagen die Menschen in Finnland. Das heisst frei übersetzt etwa: Alles zu seiner Zeit. Von Ihrer Qualifikation sind wir überzeugt. Jedoch ist es nicht der richtige Zeitpunkt, Ihnen eine vakante Position anbieten zu können, die Ihren überzeugenden Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht.“ (Caverion Deutschland GmbH)
 

Bildquelle: Thinkstock