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Welche Sprache darf es sein?

Veröffentlicht am 18.08.2018 von Manuela Specker - Bildquelle: Thinkstock
Welche Sprache darf es sein?

Fremdsprachen sind nicht nur für internationale Karrieren unerlässlich. Aber die eigenen Sprachkenntnisse werden oft überschätzt.

In der Bewerbung hatte er angegeben, über ausgezeichnete Englisch- und Französischkenntnisse zu verfügen sowie über sehr gute Spanisch-Kenntnisse. Dummerweise ist Spanisch die Muttersprache der HR-Beraterin, die das Vorstellungsgespräch begleitete. Irgendwann wechselte sie mitten im Gespräch auf Spanisch – der Kandidat verstand nicht einmal die Hälfte, und er kam arg ins Stottern. Überführt.

Es lohnt sich nicht, die eigenen Fremdsprachenkenntnisse im Lebenslauf geschönt darzustellen. Und doch kommt das immer wieder vor. Nicht zwingend als bewusstes Flunkern, sondern weil die Kandidatinnen und Kandidaten schlicht ihre Fähigkeiten überschätzen. Gerade wer seine Sprachkenntnisse mit „fliessend“ oder „verhandlungssicher“ angibt, sollte jederzeit damit rechnen, dass er die Antworten in der entsprechenden Sprache geben und seine Fähigkeiten unter Beweis stellen muss. Es lohnt sich also, sich mögliche Antworten im Vorfeld nicht nur auf Deutsch zu überlegen, um einen souveräneren Eindruck zu hinterlassen.

Das gilt auch für jene, die Sprachdiplome vorweisen können. Dann bestehen zwar keine Zweifel über das jeweilige Level, aber trotzdem ist die Aussagekraft im beruflichen Kontext begrenzt, kommt es doch im Alltag vermehrt auf berufs- und branchenspezifische Kenntnisse an, und nicht einfach darauf, Grammatik und Vokabeln zu beherrschen. Bei entsprechenden Vorkenntnissen lassen sich aber diese berufs- und branchenspezifische Kenntnisse zügig aneignen. Man sollte sich also in Bezug auf seine Sprachkenntnisse auch nicht unterverkaufen.

Fremdsprachen sind generell nicht zu unterschätzen für eine erfolgreiche Karriere, selbst wenn die entsprechende Sprache im Beruf nie gebraucht wird. Wer zum Beispiel mit Chinesisch-Kenntnissen auftrumpfen kann, zieht mit grosser Wahrscheinlichkeit das Interesse auf sich, weil dies den Jobinterviewern nicht jeden Tag begegnet. Abgesehen davon: Chinesisch dürfte übrigens in den nächsten Jahren nach Englisch zur zweitwichtigsten Sprache werden.

Erwiesen ist, dass sich Fremdsprachen am effizientesten in einem Land aneignen lassen, in dem diese Sprache auch gesprochen wird, man also nicht nur an einem zweistündigen Kurs pro Woche damit konfrontiert ist. Zahlreiche Anbieter halten explizit Angebote für Berufsleute bereit. In diesen Kursen sollte es nie nur um korrekte Grammatikkenntnisse oder das Erweitern des Wortschatzes gehen, sondern um ein generelles Kommunikationstraining. Wer zum Beispiel den kulturellen Kontext nicht versteht, wird auch mit perfekten Sprachkenntnissen bald an seine Grenzen stossen und mit Fehlern und Missverständnissen konfrontiert sein. 

Welches Niveau darf es sein?

Es ist gar nicht so einfach, die eigenen Sprachkenntnisse einzuschätzen, wenn man nicht über entsprechende Sprachdiplome verfügt. Man kann sich aber an den sechs Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) orientieren. Von Anfänger (A1) bis fast muttersprachliche Kompetenz (C2), beschreibt die Tabelle, welche Kenntnisse innerhalb der einzelnen Stufen von einem Bewerber, einer Bewerberin erwartet werden können. Gibt ein Kandidat in seiner Bewerbung die Kenntnisstufe C2 an, so muss er laut Referenzrahmen zum Beispiel in der Lage sein, sich spontan, sehr flüssig und genau auszudrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich zu machen. Unterscheiden sich die mündlichen und schriftlichen Kenntnisse, sollten im Lebenslauf entsprechend differenziert werden. Und übrigens: Auch die Muttersprache gehört in den Lebenslauf, das geht gerne vergessen.