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Die Suche nach dem besten Verwaltungsrat

Veröffentlicht am 16.11.2014
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Verwaltungsräte werden vor allem über das Beziehungsnetz rekrutiert. Es ginge auch anders. Verwaltungsrats-Mandate sind prestigeträchtig und entsprechend beliebt. Silvan Felder, der unter anderem für Firmen Verwaltungsräte rekrutiert, sagt, worauf es ankommt, um die richtigen Leute zu finden.  Von Manuela Specker  
Herr Felder, wie wird man eigentlich Verwaltungsrat?

Silvan Felder*: Man sollte eine sehr hohe Spezialisierung in einem Teilbereich und/oder entsprechende Führungserfahrung auf Ebene Geschäftsleitung mitbringen. Sonst ist der Sprung in ein Verwaltungsrats-Gremium schlicht zu gross. Ein Grossteil der Verwaltungsräte wird nach wie vor über das berufliche, familiäre und persönliche Netzwerk rekrutiert, also über Beziehungen. Ein professionelles Rekrutierungsverfahren ist noch immer eher die Ausnahme.


Ist das nicht problematisch?

Ich beobachte, dass mittlerweile etwas sensitiver mit dieser Frage umgegangen wird und Rekrutierungen auf breiter Basis ins Auge gefasst werden, anstatt sich nur auf das eigene Netzwerk zu beschränken. Eine Professionalisierung ist in der Tat wünschenswert. Es braucht den berühmten Blick über den Tellerrand hinaus in der Rekrutierung, sonst fischt man immer im selben Teich.


Kommt es vor, dass sich Interessenten direkt bei Ihnen als Vermittler bewerben?

Ja, pro Woche erhalten wir rund 20 bis 25 „Blindbewerbungen“. Etwa rund zwei Drittel verfügen nicht über die gewünschte Führungserfahrung auf Stufe GL. Reinem Prestigedenken und unreflektierter Selbsteinschätzung müssen wir von Anfang an eine klare Absage erteilen. Wir haben bis anhin mehrere Hundert Vermittlungsvorgänge von Verwaltungsräten begleitet und kennen die in der VR-Praxis gestellten Anforderungen ziemlich gut.


Worauf achten Sie bei der Auswahl?

Zum einen auf harte Faktoren wie Führungsnachweise. Weiter muss für mich ersichtlich sein, dass die Person alles daran setzt, immer auf dem neusten Stand zu sein. Das heisst, ich achte nicht nur auf die reine Weiterentwicklung in der Praxis, sondern auch auf die Bereitschaft, sich permanent weiterzubilden. Der CV muss stimmig sein. Wer alle ein bis zwei Jahre die Stelle gewechselt hat, kommt für ein VR-Mandat eher nicht in Frage, wird doch in diesem Bereich ein langfristiges Engagement erwartet. Skeptisch werde ich auch, wenn jemand einen zehnseitigen Lebenslauf einreicht – für mich ein Indiz, dass es diese Person nicht auf den Punkt bringen kann. Im Gespräch achte ich unter anderem darauf, ob das Gegenüber über eine gefestigte Persönlichkeit verfügt und eine natürliche Autorität ausstrahlt.


Wie stellen Sie sicher, dass nicht jemand engagiert wird, der einfach aus Prestigegründen ein VR-Mandat anstrebt?

Ich versuche in einem Gespräch, das einer tour d`horizon gleicht, die intrinsische Motivation zu ergründen. Ich will spüren, dass die Freude an der Sache im Vordergrund steht, dass jemand etwas bewirken und sich nicht einfach ein regelmässiges Einkommen sichern will. Natürlich soll so ein Mandat gemäss dem Aufwand fair bezahlt sein. Dies darf aber nicht der Hauptantriebsfaktor sein.


Verwaltungsräte stehen immer wieder in der Kritik, ein Abnickergremium zu sein. Was halten Sie von solchen Vorwürfen?

Die Problematik, die sich in der Tat stellt, ist jene der Informationsasymmetrie. Wer das operative Geschäft verantwortet, hat immer einen Informationsvorsprung, kennt mehr Details und hat einen besseren Überblick. Die Frage ist nun, ob und wie die Geschäftsleitung Transparenz herstellt. Das heisst natürlich nicht, dass der Verwaltungsrat diesem Umgang mit der Informationsasymmetrie einfach ausgeliefert ist. Er muss sicherstellen, dass er zu allen relevanten Informationen kommt, um die richtigen Entscheide zu treffen. Wer als Verwaltungsrat selber schon einmal Geschäftsleitungs-Mitglied war oder eine solche Funktion gegenwärtig ausübt, kennt die Situation auch aus dieser Perspektive und kann eher die richtigen Frage stellen. Darum ist es so elementar, dass bei einer VR-Einsitznahme nicht zu viele Stufen übersprungen werden.


Aber längst nicht alle VR-Mitglieder bringen Erfahrung auf Geschäftsleitungs-Ebene mit.

Es kommt immer auf die Zusammensetzung des Gremiums an. Die grosse Mehrheit sollte dieses Kriterium erfüllen, aber selbstverständlich soll und muss es auch Platz haben für VR-Mitglieder, die über keine GL-Erfahrung verfügen, welche aber zusätzliche fachliche und methodische Kenntnisse einbringen können, die wichtig sind für das Unternehmen.


Wie steht es eigentlich um spezifische Weiterbildungsangebote für Verwaltungsräte? Wird da genug gemacht?

Vor fünf Jahren habe ich in 150 mittelgrossen Unternehmen eine entsprechende Befragung durchgeführt. Damals gaben rund 20 Prozent an, VR-spezifische Weiterbildungen zu besuchen. Dieser Anteil dürfte gestiegen sein, insbesondere auch wegen der zunehmenden Regulierungsvorschriften. Wichtig scheint mir, dass sich Verwaltungsräte nicht nur fachlich à jour halten, sondern dass sie sich in Weiterbildungen auch mit der Gestaltungsebene ihres Mandats auseinandersetzen – wie treten sie in einen strategischen Dialog ein, wie lösen sie gesamtunternehmensrelevante Kommunikationsfragestellungen oder was ist das Wertesystem im Unternehmen? Allzu oft konzentrieren sich sogenannte VR-Weiterbildungen ausschliesslich auf Haftungs- und Verantwortlichkeitsfragen und vernachlässigen den ganzheitlichen Ansatz. 

⃰ Silvan Felder ist seit 2001 Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG in Luzern, einer Generalunternehmung für alle Verwaltungsratsfragen (www.vrmanagement.ch).