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Es lebe der Querdenker!

Veröffentlicht am 07.12.2014
Querdenker und schwierige Menschen, Arbeitnehmer  - myjob.ch
Wie sich Nonkonformisten ihren Platz im Berufsleben erobern
Sie können ganz schön anstrengend sein: Menschen, die alles hinterfragen und sich nichts vorschreiben lassen. Genau diese Figuren bringen einer Firma aber oft die entscheidenden Impulse.
 
Von Manuela Specker

Der Apple-Gründer Steve Jobs war ein klassischer Nonkonformist. Einer, der sich nicht von starren Regeln abhalten liess und für den Mittelmässigkeit ein Graus war. „Think different“ (Denke anders) – sein Lebensmotto war zugleich die Grundlage seines geschäftlichen Erfolgs. Das gilt auch für andere Unternehmer. In grösseren Firmen mit starren Hierarchien würden sie rasch an ihre Grenzen stossen, und oft sind diese Umstände auch der Treiber ihrer Selbstständigkeit. Gerade in Grossunternehmen sind viele Auswahlverfahren darauf ausgelegt sind, gezielt die Karrieristen herauszusuchen – jene also, die in erster Linie schnell aufsteigen und viel Geld machen wollen. Karrieristen befördern nun einmal am liebsten Karrieristen. In einem Umfeld, wo es um den schnellen Gewinn geht und deshalb kurz- anstatt langfristig agiert wird, ist das auch nicht weiter verwunderlich. 
 
Querdenker haben in solchen Unternehmen einen besonders schweren Stand – wenn sie denn überhaupt angestellt werden. „Dort werden Positionen lieber mit Menschen besetzt, die anpassungsfähig sind und gewohnte Abläufe nicht in Frage stellen“, meint Cordula Nussbaum, die Autorin des Buches „Karriere-Geheimnisse kreativer Chaoten“. Hierarchien werden oft von Machtspielen geformt, bei denen es gerade nicht darum geht, dass Talente sich entfalten können. Stattdessen dominiert eine Kopfnicker-Kultur.
 
Wo aber die Dinge so gemacht werden, wie sie sich schon immer bewährt haben, gedeihen selten Innovationen. Dabei täten gerade in diesen verkrusteten Strukturen ein paar Nonkonformisten gut, sofern die Unternehmenskultur dies zulässt – sonst werden sie es an ihrem Arbeitsplatz nicht lange aushalten.
 
Nach der Erfahrung von Personalberater Andreas Schönemann gelangen Querdenker nach wie vor eher zufällig in ein Unternehmen. In der Regel geht es noch immer darum, Personen zu finden, die scheinbar perfekt in ein Team passen. Schönemann ist aber sicher, dass die Blütezeit der Querdenker noch kommen wird, gerade weil auf dem Arbeitsmarkt zunehmend Spezialisten und nicht Generalisten gefragt seien. Querdenker würden frischen Wind in die meisten Abteilungen bringen und Entwicklungen anstossen. Auch Cordula Nussbaum prophezeit gute Zeiten für Nonkonformisten, die sich Konventionen verweigern und selbstbewusst ihren eigenen Weg gehen. „Langfristig können sich nur Unternehmen gut am Markt behaupten, die Visionen haben, die Trends rechtzeitig erkennen und die mutige Führungskräfte und Mitarbeitende haben, die sich trauen, neue Wege zu gehen.“
 
Haben Nonkonformisten erst einmal einen Fuss in einem konventionellen Unternehmen, brauchen sie einen einflussreichen Fürsprecher, um sich entfalten zu können. Bis zu einem gewissen Grad müssen auch sie sich dem System anpassen, obwohl dies im Grunde genommen widersprüchlich scheint. Aber: „Wer nur am Rand einer Gruppe steht und auf seine individuelle Meinung pocht, wird nicht ernst genommen und findet kein Gehör“, meinen die Autoren der „Karrierebibel“. Sie empfehlen, mit einer Art „gebremster Euphorie“ ans Werk zu gehen – die Zielgruppe dürfe weder überfahren noch überfordert werden. Bei aller Begeisterung für eine Sache gehe es darum, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein und die Zeichen der Zeit zu erkennen. „Vielleicht ist das Meeting nicht der beste Zeitpunkt für Ihren Vorschlag. Der gemeinsame Kaffee danach umso mehr.“
 
Wer sich partout nicht in ein System einfügen möchte, für den ist die Selbstständigkeit vermutlich doch der beste Weg. Es muss ja nicht gleich aus jedem eine Ikone à la Steve Jobs werden. Aber seine Worten können durchaus als Inspiration dienen: „Diejenigen, die Dinge anders sehen, mögen keine Regeln. Du kannst sie zitieren, eine andere Meinung haben als sie, sie glorifizieren oder verdammen. Aber das einzige, was du nicht machen kannst, ist sie zu ignorieren. Denn sie verändern die Dinge. Sie bringen die Menschheit voran, und während einige sie als die Verrückten sehen mögen, sehen wir ihr Genie. Denn diejenigen, die verrückt genug sind zu denken, dass sie die Welt verändern könnten, sind diejenigen, die es tun.“