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Über Geld spricht man

Veröffentlicht am 21.11.2016
Über Geld spricht man
Löhne funktionieren nach eigenen Gesetzen. Das müssen Sie wissen.   Von Manuela Specker
Hängt der Lohn tatsächlich von der Leistung ab? Wie wichtig ist Verhandlungsgeschick? Im Folgenden hinterfragen wir sieben weit verbreitete Annahmen.
 
Je besser die Ausbildung, desto höher der Lohn
Natürlich verdienen Hochschul-Absolventen in der Regel mehr als jemand mit einem obligatorischen Schulabschluss. Ein Unistudium ist aber noch lange keine Garant für einen höheren Lohn. Gemäss der Lohnstrukturerhebung liegt der Median-Lohn bei einem universitären Abschluss bei rund 10 500 Franken. Ein Viertel der Uni-Abgänger verdient mehr als 14'000 Franken, ein Viertel weniger als 8'000 Franken. Die Höhe des Lohnes hängt immer auch von der Branche, der Berufserfahrung, dem Alter und dem eigenen Verhandlungsgeschick ab.
 
Wer mehr leistet, verdient auch mehr
Wenn die Löhne ein Abbild der eigenen Leistungen wären, sähe so manche Zahl auf dem Lohnausweis anders aus. Es ist oft nicht die Leistung, welche die Lohnhöhe bestimmt, sondern das eigene Verhandlungsgeschick: „Aus meiner Tätigkeit als Gehaltscoach weiss ich, dass fast alle Führungskräfte abwarten, bis ein Mitarbeiter bei ihnen an die Tür klopft und eine Gehaltserhöhung fordert. Wer dann am lautesten schreit: "Hier, ich möchte mehr Geld!", der wird als erstes bedient“, so der Karrierecoach Martin Wehrle in der „Zeit“. Er findet, die Führungskräfte müssten in diesen Fragen viel stärker ihre Verantwortung wahrnehmen. Es mache einen Riesenunterschied aus, ob ein Vorgesetzter auf einen Mitarbeiter zugehe und sage: "Ihre Leistung dieses Jahr war wirklich klasse. Deshalb erhöhe ich Ihr Gehalt!" oder ob er wartet, wer zufällig an der Tür klopft und rhetorisch am besten vorbereitet ist. „Die Passivität und Willkür vieler Chefs sorgt natürlich für Verstimmungen in den Betrieben.“
 
Frauen treten in Lohnverhandlungen zu zurückhaltend auf
Dieses Verhalten wird gerne den Frauen in die Schuhe geschoben. Dabei gibt es auch viele Männer, die sich in Lohngesprächen schlecht verkaufen. Es handelt sich hier also nicht um ein geschlechtstypisches Verhalten.
 
Geld macht glücklich
Arbeitnehmende tendieren dazu, den Faktor Geld für die eigene Zufriedenheit zu überschätzen – paradoxerweise gerade bei steigendem Einkommen. Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahnemann wertete 450 000 Datensätze aus und kam zum Schluss: Bereits ab einem Haushaltseinkommen von 60 000 Euro korreliert die Lebenszufriedenheit nicht mehr mit dem Einkommen. Trotzdem lassen sich viele wegen des Geldes davon abhalten, die eigenen Träume zu verwirklichen. Doch der Mediziner und Publizist Ulrich Renz entlarvt dies als Ausrede, keine Veränderung anpacken zu müssen. „Dass man sich seine Träume nicht leisten kann, hat nicht das Geringste mit der Höhe des Einkommens zu tun, sondern betrifft alle Gehaltsstufen».
 
Die meisten Praktika sind unbezahlt
Das ist nicht korrekt. Der Praktikumslohn hängt unter anderem vom Alter und der Ausbildung ab. Der Kaufmännische Verband Schweiz empfiehlt beispielsweise für ein Praktikum nach dem Bachelor-Abschluss einen Mindestlohn von 2500 Franken. Laut dem Bundesamt für Statistik (BfS) erhält ein Praktikant mit einem Fachhochschulabschluss im Schnitt 3500 Franken im Monat. Ein gutes Praktikum orientiert sich an Lernzielen und ist zumindest in grösseren Firmen Teil eines offiziellen Ausbildungsprogramms. Denn nur dann ist ein Praktikantenstatus mit geringerer Bezahlung gerechtfertigt. Das Praktikum sollte zudem nicht länger als ein Jahr dauern.
 
Firmen dürfen verbieten, über Löhne reden
Firmen ist es nicht erlaubt, Mitarbeitenden in Bezug auf die Löhne einen Maulkorb zu verpassen. Der deutsche Karrierecoach und Gehaltsexperte Martin Wehrle würde es begrüssen, wenn mehr Transparenz in Lohnfragen herrschen würde. Denn letztlich gehe es immer um Fairness: In welchem Drittel liegt man mit dem eigenen Gehalt? Das muss zwingend ein Spiegelbild der eigenen Leistung sein: „Wer Überdurchschnittliches leistet, der soll auch überdurchschnittlich verdienen“, lautet eine seiner Grundüberzeugungen. Wehrle erinnert daran, dass Mindestlöhne die Schwächeren schützen. Leistungsträger sollten sich also nicht daran orientieren.
 
Mitarbeitende sollten immer mehr fordern, als sie am Ende haben wollen
Das stimmt. Dahinter steckt ein psychologisches Geplänkel: Damit am Ende sowohl Arbeitnehmer wie Arbeitgeber die Lohnverhandlung mit einem guten Gefühl verlassen, sollte man sich in etwa in der Mitte treffen. Lenkt der Arbeitgeber gleich ein, bleibt beim Arbeitnehmer der Eindruck bestehen, dass er sich unterverkauft hat. -Überzogene Forderungen sind genauso fehl am Platz wie es falsche Bescheidenheit ist: «Wer wenig fordert, erweckt den Eindruck, auch wenig zu leisten», warnt der Gehaltsexperte und Karrierecoach Martin Wehrle.

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