Das Internet hat die Personalauswahl transparenter, aber nicht einfacher gemacht. Namensvetter können das berufliche Fortkommen ernsthaft behindern. Doch Betroffene sind den digitalen Doppelgängern nicht hilflos ausgesetzt.
- von Manuela Specker -
Mark Zuckerbergs Karriere ist ins Stocken geraten. Der amerikanische Insolvenzanwalt, der seit über 23 Jahren praktiziert, hat viel Energie darauf verwendet, sich national einen guten Namen zu machen. Wer nach ihm googelte, stiess auf ihn und niemand anderen. Bis ins Jahr 2004. Dann wurde er von Facebook und seinem Namensvetter Mark Zuckerberg überrollt. «Mittlerweile werde ich im Internet überhaupt nicht mehr gefunden», klagt der Anwalt. «Mein Name gehört mir nicht mehr.»
Das scheint übertriebenformuliert, trifft aber den Kern der Sache: Im digitalen Zeitalter kann die Online-Reputation sowohl Türöffner als auch Türschliesser sein. Nicht nur bei berühmten Namensvettern, auch bei konventionellen Namen wie Claudia Müller oder Peter Meier versagen die Such-Algorhythmen. Welches Suchresultat gehört zu wem? Ist der Gewinn des Volkslaufs tatsächlich jener Dame zuzuschreiben, die ein Büro für Unternehmensberatung betreibt? «Solche Leute werden auf dem Internet kaum gefunden, es sei denn, der Name ist mit bestimmten Begriffen, einer bestimmten Expertise verknüpft», meint die Karriereberaterin Svenja Hofert.
Selbst Melanie Vogelbacher, bis vor kurzem Geschäftsführerin der Firma reputeer, die sich auf das Online-Reputationsmanagement spezialisiert hat, ist es passiert, dass sie Inhalte einem Namensvetter statt der richtigen Person zugeordnet hat. Denn die Ähnlichkeit beschränkt sich längst nicht immer auf den Namen, sondern kann sich zusätzlich auf die Berufsrichtung, das Alter oder die Wohnregion beziehen. Empfohlen wird in so einem Fall, sich stärker abzugrenzen. Konkret bedeutet dies: Sich auf dem Internet mit Inhalten bemerkbar zu machen, die eindeutig der eigenen Person zuzuordnen sind.
Auch Svenja Hofert rät den Betroffenen zu aktiven Gegenmassnahmen, um die Verwechslungsgefahr zu vermindern. Wenn also beispielsweise der Namens-Doppelgänger auf dubiosen Astroseiten Einträge macht, kann man zwar dagegen nichts direkt unternehmen. «Wer aber selber Profile auf hochwertigen Seiten wie Xing oder LinkedIn anlegt, erscheint in den Suchresultaten weiter oben und verdrängt die unangenehmen Seiten, mit denen man ja gar nichts zu tun hat, auf die hinteren Ränge, wo sie dann unter Umständen nicht einmal mehr gefunden werden.» Hilfreich ist es auch, sich rechtzeitig die Domainadresse mit dem eigenen Namen zu sichern (beispielsweise www.hansmuster.ch), denn solche Seiten landen in der Trefferliste ganz oben. Gerade Stellensuchende sind gut beraten, wenn sie ihre Online-Reputation im Auge behalten und beispielsweise Google-Alerts abonnieren, um zu erfahren, wenn etwas Neues zum eigenen Namen auf dem Internet zu finden ist.
Personalrekrutierer wissen um die Tücken der Online-Suche. Es ist ein offenes Geheimnis, dass je nach Bedeutung der Position Bewerbende, die in die engere Auswahl kommen, im Internet auf Herz und Nieren geprüft werden.
Laut Umfragen machen mittlerweile rund ein Drittel der Personalrekrutierer von der Internetsuche Gebrauch. Dabei gilt der Grundsatz: Wer über die Suchmaschine nicht gefunden wird, wer also keinerlei digitale Spuren hinterlassen hat, macht sich genauso verdächtig wie jener, der in allen Internet-Foren seinen Senf dazugibt. Diese vorgängigen Recherchen können durchaus zu einer vorzeitigen Absage führen – sei es, weil falsche Angaben im Lebenslauf aufgedeckt oder weil fragwürdige Spuren im Netz hinterlassen wurden. Dumm nur, wenn sich die Angaben nicht auf die eigene Person, sondern einen Namensvetter beziehen.
Hofert hatte einmal einen Kunden betreut, der trug den gleichen Namen wie ein amerikanischer Bankräuber. In diesem Fall war offensichtlich, dass es sich nicht um den Straffälligen handelte. Anders im Fall eines deutschen IT-Beraters, der plötzlich Mahnungen und einen Pfändungsbeschluss des Gerichtsvollziehers per Post erhielt. Es war aber sein Namensvetter mit gleichem Geburtsdatum, der über den Verhältnissen lebte. Der Albtraum hatte erst ein Ende, nachdem der IT-Berater die Verwechslung belegen konnte.
Wer einen berühmten Namensvetter hat, muss sich auf allerlei Widrigkeiten gefasst machen. Der amerikanische Insolvenzanwalt Mark Zuckerberg musste, als er sich bei Facebook registrierte, Geburtsurkunde, Führerschein und seine Anwaltszulassung vorweisen. Trotzdem wurde ihm unlängst vorübergehend das Profil gesperrt – ein Facebook-Mitarbeiter hielt ihn für einen jener Scherzkekse, die sich für den Gründer ausgeben.
Heute nimmt Anwalt Zuckerberg die Situation mit Humor und ziert seine eigene Homepage nicht nur mit seinem Konterfrei, sondern auch mit jenem des Facebook-Gründers. Der Konkursexperte profitiert mittlerweile durchaus von der Namensgleichheit. Es weiss auch, was ihn zurück in die Suchresultate bringen würde: Wenn sein Namensvetter Konkurs geht und die Welt nach «Mark Zuckerberg bankruptcy» googelt. «Aber ein solches Szenario wünsche ich ihm auf keinen Fall.»