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Jobs - Rentner zu mieten

Veröffentlicht am 29.07.2012
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Online-Plattformen erleichtern Pensionierten die Rückkehr in die Arbeitswelt. Wegen des starren Pensionsalters bleiben Wissen und Können von Rentnern oft ungenutzt. Online-Plattformen wie «Rentarentner.ch» oder «activas.ch» springen in diese Lücke; die Nachfrage nimmt rasant zu. - von Manuela Specker -
Was Peter Hiltebrand (67), bis zur Pensionierung selbstständiger Elektroninstallateur, während seiner Servicearbeiten in so manchen Haushalten zu sehen bekam, gab ihm schwer zu denken. Er berichtet von pensionierten Männern, die bereits morgens um 9 Uhr mit dem Bier in der Hand vor dem Fernseher sitzen. Ein Extrembeispiel, das auch andere Ursachen haben kann, das aber symbolisiert, wie schwierig der erzwungene Ausstieg aus der Arbeitswelt mitunter ist.

Ausgemustert, abgestempelt, abgeschrieben: So lässt sich der Gemütszustand eines frisch pensionierten Mitarbeiters beschreiben, der einen solchen Einschnitt unvorbereitet erlebt. Finanziell sind die Angelegenheiten meistens geregelt, hingegen wird unterschätzt, was es in emotionaler Hinsicht bedeutet, von einem Tag auf den anderen am Arbeitsplatz nicht mehr gebraucht zu werden.

Für Hiltebrand war immer klar, dass das offizielle Pensionsalter 65 nicht das Ende der Karriere bedeuten kann. Er gründete deshalb vor zweieinhalb Jahren die Online-Plattform «rentarentner.ch», auf der pensionierte Mitarbeitende ihre Arbeitsleistung anbieten. Vergangene Woche hat sich der 1000. Rentner registriert. Die meisten offerieren handwerkliche Dienstleistungen wie Gartenarbeit oder Reparaturen aller Art, aber auch allgemeine Arbeiten wie Hunde ausführen oder Ordnung machen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Zunehmend registrieren sich auch Pensionäre aus «gehobenen Berufen», wie Peter Hiltebrand dies nennt. Von Anfang an dieses Segment angesprochen hat der Informatikingenieur Urs Zimmermann (37) mit seiner Online-Plattform «activas.ch», die vor eineinhalb Jahren dreisprachig aufgeschaltet wurde und mittlerweile stark wächst; bald ist die 1000er-Grenze durchbrochen. Sprachunterricht, Übersetzungen, Finanzberatung, Computerkurse sind nur vier weitere Beispiele von Dienstleistungen, die zeigen, dass Pensionierte selbstverständlich nicht zum alten Eisen gehören.

Urs Zimmermanns Beweggrund ähnelt jenem von Peter Hiltebrand: «Wir werden immer älter und sind gleichzeitig länger fit. Da kann es doch nicht sein, dass mit 65 einfach Schluss sein soll», so Zimmermann. Auch in Gesprächen mit Pensionierten merkte er, wie gross das Bedürfnis ist, nach der Pensionierung einer Beschäftigung nachzugehen. Wer Glück hat, wird innerhalb der Familie gebraucht. «Doch der generationenübergreifende Zusammenhalt ist nicht mehr automatisch gegeben. Ich wollte deshalb etwas auf die Beine stellen, das Pensionären ermöglicht, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben und Gutes zu tun», sagt Zimmermann. Vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen sei das Interesse gross, an den reichen Erfahrungsschatz der Pensionierten anzuknüpfen. Das zeigt der Erfolg von Adlatus, einem Netzwerk pensionierter Führungskräfte, das gerade für kurzfristige Einsätze den KMU die passenden Experten vermittelt.

«rentarentner.ch» und «activas.ch» sind beides keine Vermittlungsstellen, sondern sie bieten den Rentnern eine Plattform an, auf der diese ihre Dienstleistung selber vermitteln können und dabei auch selber entscheiden, wie viel sie dafür verlangen.

So sind pensionierte Mitarbeitende zwar weiterhin nicht in Strukturen eingebunden, doch können sie dafür nach ihrem eigenen Rhythmus arbeiten. Es ist bei weitem nicht so, dass jeder Pensionierte auf seinem angestammten Gebiet tätig sein will. Peter Hiltebrand berichtet von einem ehemaligen CEO, der jetzt, im Ruhestand, sich auf der Online-Plattform angemeldet hat, um Gartenarbeiten zu erledigen. Die steigenden Nutzerzahlen der beiden Plattformen zeigen, dass immer mehr Rentner das Heft selber in die Hand nehmen, statt ihre Fähigkeiten brachliegen zu lassen.

Die Studie «Recruiting Trends 2012» der Online-Jobbörse Monster kommt zum Schluss, dass ältere Mitarbeitende wieder mehr Beachtung finden, auch als Resultat des langfristigen demografischen Wandels und des Fachkräftemangels. Firmen, die Mitarbeitende im Pen-
sionsalter beschäftigen, sind aber noch nicht die Regel. Absichten dürfen deshalb nicht mit der Realität verwechselt werden. So hat eine Umfrage des Personaldienstleisters Kelly Services gezeigt, dass die Hälfte der in Pension geschickten Mitarbeitenden eigentlich gerne weiterarbeiten würde, aber nur 22 Prozent glauben daran, dass sie eine Chance dazu kriegen.

Die Skepsis ist gerechtfertigt: Beim Bund, beim Kanton oder bei den Gemeinden beispielsweise ist eine Anstellung nach 65 tabu. In der Privatwirtschaft findet ein Umdenken erst langsam statt; auch weil es viele Firmen als zu teuer erachten, Mitarbeitende nach 65 weiterzubeschäftigen. In diese Lücke springen Online-Plattformen wie «Rentarentner.ch» und «activas.ch», die auf viel Goodwill stossen. So wird «activas» von der Postfinance unterstützt, und «rentarentner» ist daran, auch im französischsprachigen Teil der Schweiz Fuss zu fassen.

(Photo: istockphoto)