Angststörungen nehmen in der Schweizer Gesellschaft zu. Wie sollten Sie als Führungskraft mit betroffenen Mitarbeitern umgehen?
Angststörungen nehmen in der westlichen Gesellschaft und damit auch in der Schweiz in rasantem Mass zu. Einerseits liegt das wohl daran, dass das Bewusstsein um die Problematik zunehmend wächst und dadurch häufiger Diagnosen gestellt werden. Andererseits lösen der Dauerstress, die Komplexität der digitalisierten Welt und der hohe Lärmpegel sowie die Überbevölkerung in vielen Städten sowie andere Faktoren der „modernen“ Gesellschaft auch häufiger solche Angststörungen aus. Experten schätzen, dass jeder zehnte Schweizer unter einer Angststörung leidet – und dass die Dunkelziffer noch deutlich höher ist. Betroffen sind etwas mehr Frauen als Männer und natürlich gibt es zahlreiche unterschiedliche Ausprägungsformen von Angststörungen wie eine generalisierte Angststörung, eine Sozialphobie oder Panikattacken. Das Problem ist, dass viele Betroffene ihre Erkrankung erst spät erkennen und selbst dann noch alles daran setzen, diese zu verheimlichen. Gerade im beruflichen Umfeld könnte die Bekanntmachung ihrer Problematik schliesslich zu Nachteilen in der Karriere bis hin zur Kündigung führen – so zumindest die Befürchtung.
Für Sie als Führungskraft bedeutet das: Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind zehn Prozent Ihrer Mitarbeiter von einer Angststörung in unterschiedlicher Form betroffen. Es gilt, diese Störungen zu erkennen und die Betroffenen zu einem offenen Umgang mit dem Problem zu ermutigen. Häufig kann es nämlich bereits (zu grossen Teilen) aus der Welt geschafft werden, wenn der Stress der Heimlichtuerei aufhört und die Mitarbeiter stattdessen in einer Atmosphäre von Verständnis und Unterstützung arbeiten. Was also können und sollten Führungskräfte tun?
- Prävention: Erst einmal sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie Angststörungen präventiv verhindern können. Zwar liegen die Auslöser meist (auch) in der Kindheit, der Erziehung sowie gewissen Lebenserfahrungen, doch treten Angststörungen häufig erst bei entsprechend hoher Belastung ans Tageslicht. Zu viel Druck am Arbeitsplatz, zu wenig Auszeiten zur Regeneration oder psychischer Stress, zum Beispiel durch Konflikte im Team, können eine Angststörung befeuern und dadurch überhaupt erst zum Ausbruch bringen. Ordentliche Arbeitsstrukturen, ein positives Arbeitsklima sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance sind daher die besten Grundlagen für gesunde Mitarbeiter.
- Aufklärung: Sollte es dennoch zu einer Angststörung beziehungsweise deren Ausbruch kommen, sollten Sie diese so früh wie möglich erkennen können – und anschliessend die richtigen Konsequenzen ziehen. Es gilt also, sich in diesem Fachgebiet weiterzubilden und am besten auch Ihre Mitarbeiter umfassend über das Krankheitsbild aufzuklären, sodass es nicht zu Missverständnissen oder gar Mobbing kommt. Seminare, Weiterbildungen oder Informationsbroschüren sind hierfür nur einige von vielen Möglichkeiten.
- Unterstützung: Zuletzt sollten Sie den Betroffenen natürlich Hilfe zukommen lassen. Sie sollten das Gefühl haben, offen mit ihrer Angststörung umgehen und Ihnen bei diesem Thema vertrauen zu können. Nur so können Sie in einem Vieraugengespräch eine passende Lösung finden – einen geeigneten Ansprechpartner zum Beispiel, eine interne Versetzung oder die Reduzierung der Arbeitszeit beziehungsweise -last. Es gilt also in erster Linie, endlich Vorurteile gegenüber psychischen Problematiken wie Angststörungen abzubauen und stattdessen einen Leitfaden für den „Notfall“ zu erstellen – schliesslich betrifft er mindestens zehn Prozent Ihrer Mitarbeiter. Wenn das kein durchschlagendes Argument ist…!
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