Die Karriere- und Weiterbildungsmesse «advanceING» möchte den Rekrutierungsmarkt beleben.
- von Manuela Specker -
Ingenieure in der Schweiz verdienen gut, sie stufen ihre Jobsicherheit als hoch ein und sie bleiben ihrem Arbeitgeber überdurchschnittlich lange treu, nämlich rund acht Jahre. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Personalberatung Dr. Schmidt & Partner.
Die geringe Wechselbereitschaft hat Folgen für das Recruiting; nicht umsonst klagen Unternehmen seit Jahren schon, offene Stellen nicht besetzen zu können. Die Studie hat ergeben, dass ein Drittel der technischen Fachkräfte sich gegenüber interessanten Angeboten grundsätzlich offen zeigt, jedoch nicht selbst aktiv werden möchte. «Über klassisches Recruiting, das sich vor allem an aktiv suchende Kandidaten richtet, erreichen die Firmen weniger als sechs Prozent der relevanten Zielgruppe», so Matthias Adrion, Leiter Employer Branding bei Dr. Schmidt & Partner. «Es lohnt sich also für Arbeitgeber, die klassische Stellenausschreibung durch weitere Massnahmen zu flankieren, die auch passiv wechselbereite Kandidaten abholen.»
Matthias Adrion ist zugleich Leiter der Karriere- und Weiterbildungsmesse «advanceING» für Ingenieure, die im November 2013 zum ersten Mal durchgeführt wird. Sie geht neue Wege, indem sie sich vor allem an etablierte Berufs-leute richtet und keine alleinige Recruiting-Veranstaltung ist. Stattdessen bietet sie Ingenieuren und Firmen eine Plattform, sich zu vernetzen sowie Themen der Laufbahnplanung und Weiterbildung aufzugreifen.
Für Firmen kann es sich lohnen, genau hinzuhören, was Ingenieure wirklich wollen. Denn so viel ist sicher: «Eine Lohnerhöhung allein ist kein erfolgversprechendes Lockangebot für potenzielle Mitarbeiter», sagt Matthias Adrion.
In den Auswertungen der Umfrageergebnisse hat er nämlich festgestellt, dass der Lohn eine untergeordnete Rolle spielt. Jene, die wechseln, tun dies nicht in erster Linie, um mehr Geld zu verdienen oder eine höhere Hierarchiestufe anzustreben. Die Hauptmotivation liegt für rund 40 Prozent der Befragten vielmehr darin, attraktivere Aufgaben zu übernehmen.
Dass der Lohn eine so geringe Rolle spielt, deckt sich mit den Beobachtungen von Daniel Löhr, Vizepräsident des Berufsverbandes Swiss Engineering. In monetärer Hinsicht würden Ingenieure oft eine falsche Bescheidenheit mitbringen – mit der Konsequenz, dass die Lohnstrukturen in anderen Branchen attraktiver sind, was wiederum jene abschreckt oder abspringen lässt, bei denen der Lohn sehr wohl eine massgebende Rolle spielt. «Der Ingenieurmangel ist bis zu einem gewissen Grad auch hausgemacht», so Daniel Löhr. Gemäss der aktuellen Salärstudie von Swiss Engineering beträgt der Durchschnittslohn eines Ingenieurs rund 117 000 Franken.
Gerade die Fachkader unter den Ingenieuren – also Spezialisten ohne Führungsfunktion – sind nicht besonders karriereorientiert und setzen kaum auf Selbstmarketing. Löhr empfiehlt deshalb Ingenieuren grundsätzlich, sich spätestens nach fünf Berufsjahren zusätzliche Kenntnisse in Marketing, Produktmanagement oder Verhandlungsgeschick anzueignen – sei dies über projektorientierte Lehrveranstaltungen, über Einzelkurse oder Nachdiplomstudien. «Marktorientiertes Denken wird in Zukunft noch wichtiger», ist Daniel Löhr überzeugt. Darüber darf auch die gegenwärtige hohe Arbeitsplatzsicherheit für Ingenieure nicht hinwegtäuschen. Gefragt ist schon heute nicht mehr einsames Tüfteln, sondern interdisziplinäres Denken.
Nicht zuletzt die Ingenieursmesse soll dazu beitragen, dass Ingenieure in karrieretechnischer Hinsicht das Heft selber in die Hand nehmen und Arbeitnehmer wie Arbeitgeber eine Plattform bekommen, um direkt miteinander ins Gespräch zu kommen. Unternehmen wiederum, die wissen, was Ingenieure wollen, haben beim Rekrutieren die Nase vorn. So hat die von der Dr. Schmidt & Partner durchgeführte Studie ergeben, dass Ingenieure der Karriere zuliebe ungern den Wohnort wechseln.
50 Prozent schliessen es sogar aus, wegen eines neuen Jobs umzuziehen, weitere 13 Prozent würden lediglich innerhalb der Region umziehen. «In vielen Fällen macht es damit durchaus Sinn, bei der Suche nach geeigneten Kandidaten quasi vor der eigenen Haustür zu beginnen», so Matthias Adrion.
Unternehmen, die dabei attraktive Aufgaben sowie viel Gestaltungs- und Entwicklungsfreiraum bieten, haben die besseren Karten in der Hand als jene, die in erster Linie mit attraktiven Salären locken. Anders als in anderen Branchen sind es nicht zwingend die grossen Namen, die Fachkräfte anziehen. Das Renommee des Unternehmens spielt bei Ingenieuren mit 6 Prozent für die Wahl des Arbeitgebers eine untergeordnete Rolle.
Die Karriere- und Weiterbildungsmesse «advanceING» für Ingenieure und Techniker findet am 8. November in der Maag-Halle in Zürich statt. Arbeitgeber und Bildungsanbieter, die als Aussteller in Erscheinung treten möchten, können sich noch bis 31. Juli anmelden. Weitere Infos unter: www.advanceING.ch
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