Die Fachhochschule Nordwestschweiz startet eine Offensive zur Förderung des Unternehmertums. Die Nordwestschweiz fristet in Bezug auf Start-ups eher ein Mauerblümchendasein. Es werden – mit Ausnahme der Stadt Basel – weniger Unternehmen gegründet als im schweizerischen Durchschnitt, und die neuen Akteure am Markt sind in der Regel eher klein und wachsen langsamer.
- von Manuela Specker -
Die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) will nun neue Impulse setzen und Spin-offs und Startups aus den eigenen Reihen fördern. Kernstück ist hierfür das Projekt «upSTART», das unter anderem von der KTI (Kommission für Technologie und Innovation) sowie den Volkswirtschaftsdepartementen der Nordwestschweiz mitfinanziert wird. Studierende aller Fachrichtungen der FHNW werden für den Schritt in die Selbstständigkeit sensibilisiert. Sie sollen künftig bei der Suche innovativer Geschäftsideen und potenzieller Investoren Schützenhilfe erhalten und auch zur Umsetzung ihrer Geschäftsidee entsprechende Schulungen besuchen können.
«Das Interesse unter den Studierenden an unternehmerischen Fragestellungen ist eindeutig gestiegen», sagt der Projektmitverantwortliche Adrian U. Sidler. Das liegt auch daran, dass Studierende ihre eigene Businessidee im Rahmen ihrer Ausbildung entwickeln können, wofür ihnen Studienleistungen in Form von Credits angerechnet werden. «Sie bringen somit eine ganz andere Motivation mit, als wenn sie sich mit einem ihnen fremden Projekt beschäftigen müssten», so Sidler.
Damit das unternehmerische Feuer nach dem Studium nicht erlischt, soll Absolventen mit kreativen, innovativen Ideen auch ausserhalb der Institution Fachhochschule mit dem Projekt «SWISSupSTART» unter die Arme gegriffen werden: Ab September 2013 wird ihnen auf dem neuen Campus der Fachhochschule in Brugg auf rund 900 Quadratmetern die nötige Infrastruktur geboten, und es werden ihnen verschiedene Ansprechpersonen zur Seite gestellt. «Wir wollen die Studierenden sowohl auf fachlicher wie auch auf menschlicher Ebene auf dem Weg in ihre Selbstständigkeit begleiten», meint Sidler.
Längerfristig soll diese Initiative auch Arbeitsplätze in der Region schaffen. Zu den Vorbildern gehört die ETH Zürich – allein 2012 gingen insgesamt 22 Spin-offs hervor. «Wir können die Früchte unserer Aufbauarbeit ernten, die wir in den letzten Jahren geleistet haben», meint Roland Siegwart, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich. Eine der jüngsten Erfolgsgeschichten ist das ETH-Spin-off «Getyourguide», das den Swiss ICT Award gewonnen hat und namhafte Kapitalgeber an Bord ziehen konnte: Zwei US-Venture-Kapitalgesellschaften investieren 14 Millionen Franken in die Online-Tourismusplattform («Der Sonntag» vom 6. Januar 2013). An der Fachhochschule Nordwestschweiz sollen vor allem auch Ideen jenseits der High-Tech-Branche gefördert werden. In einer Untersuchung der FHNW aus dem Jahr 2011 wurde festgestellt, dass sich das Coaching-Angebot für Jungunternehmer in der Region vor allem auf die High-Tech-Branche beschränkt – es liegt also noch viel Potenzial brach.
In der Schweiz ist gemäss dem Länderbericht des «Global Entrepreneurship Monitor» die Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko kleiner als in anderen innovationsbasierten Volkswirtschaften. Ein Haupthindernis ist insbesondere die Angst zu scheitern; die Autoren konnten im internationalen Vergleich einen Zusammenhang aufzeigen zwischen der Bereitschaft zum unternehmerischen Denken und den Hürden, die ein Scheitern wahrscheinlicher machen.
Die Hochschulen spielen eine Schlüsselrolle, um mehr Jungunternehmer zu gewinnen. Die Universität Bern beispielsweise hat den «Berner Business Plan Wettbewerb» ins Leben gerufen – eine Plattform, um Geschäftsideen zu entwickeln, zu konkretisieren und erfolgreich am Markt umzusetzen. Die Universität St. Gallen setzt auf den «Entrepreneurship Campus», der den Studierenden die Facetten des Unternehmertums näher- bringt und entsprechende Gründungsprojekte fördert. Es werden aber auch Stimmen laut, die sich einen grösseren Fokus auf das Unternehmertum bereits im Rahmen der Ausbildung wünschen.
Amir Suissa, Gründer und CEO der Internetplattform Deindeal.ch, kritisierte jüngst in der «NZZ», dass in der akademischen Ausbildung zu wenig Wert auf Unternehmertum gelegt werde. Aus seiner Sicht eine falsche Entwicklung, denn: «In Zeiten des Wandels werden immer mehr Leute – auch mit fundierten Ausbildungen – flexibel, innovativ und mit einem höheren Risikoprofil unterwegs sein müssen.» Die Fachhochschule Nordwestschweiz macht nun einen grossen Schritt in diese Richtung.
(Photo: HO)