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Lügen im Vorstellungsgespräch...

Veröffentlicht am 20.11.2015
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...haben ebenso kurze Beine wie im Privatleben auch.
Wer im Bewerbungsgespräch gerne einmal zu dick aufträgt, riskiert damit seinen Job. Doch wie von jeder Regel, gibt es auch hier Ausnahmen. Tatsächlich dürfen Bewerber bei einem Vorstellungsgespräch lügen, um sich selbst vor Diskriminierung, Rassismus oder Sexismus zu schützen. Also wann darf den nun gelogen werden und wann nicht? In der Praxis stehen die Gerichte damit häufig vor einem echten Zwiespalt.
 
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Mehr als ein Drittel aller Bewerber machen in ihrem Lebenslauf, im Anschreiben oder beim ersten persönlichen Gespräch falsche Angaben. Wieso? In der Regel aus Angst, denn die Lücke zwischen zwei Jobs, die nur zweimonatige Anstellung oder die fehlenden Sprachkenntnisse hinterlassen beim Personaler gewiss keinen guten Eindruck. Ein wenig schönen hier, etwas weglassen dort...fällt ja hinterher keinem mehr auf. So lügen laut neuester Statistiken rund
 
  • 30 Prozent der Bewerber bezüglich ihrer früheren Verantwortung,
  • 10 Prozent wegen der Höhe des letzten Gehaltes und
  • 4 Prozent sind sogar bei ihrem Bildungsgrad unehrlich.
 
Dies mag auch bei einigen Bewerbern gut gehen, bei anderen hingegen kommen die Lügen früher oder später ans Tageslicht.


Vorsicht: Lügnern droht die fristlose Kündigung
 
Sollte es dann tatsächlich so weit sein und der Arbeitgeber findet heraus, dass der Mitarbeiter im Bewerbungsgespräch gelogen hat, so darf er ihn fristlos kündigen. Als Grundlage hierfür dient das Muster-Urteil des Bundesgerichts 4-A-569/2010 vom 14. Februar 2011. Damals hatte ein Bankdirektor bei seinem Einstellungsgespräch angegeben, er sei in ungekündigter Stellung. Zudem war sein Verdienst um 80.000 CHF geschönt. Der seinerzeit in Wahrheit bereits gekündigte und arbeitslose Direktor wurde daraufhin auch in seiner neuen Stelle fristlos entlassen, nachdem die Lügen aufgedeckt wurden. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich sowie das Bundesgericht stützen die Kündigung durch den Arbeitgeber. Dass die Leistungen des Angestellten in der Probezeit gut gewesen seien, müsse dabei nicht berücksichtigt werden, so das Bundesgericht. Trotz der nun hervorragenden Leistungen haben falsche Tatsachen zur Anstellung in der Bank geführt, was wiederum die fristlose Kündigung rechtfertigt. Das Fazit ist also: Erst einmal lügen, um den Arbeitgeber dann von seinem Können zu überzeugen – damit setzen Sie auf das falsche Pferd.


Wann darf ein Bewerber lügen?
 
Das bedeutet nun im Umkehrschluss aber nicht, dass Lügen im Bewerbungsgespräch kategorisch verboten sind. Im Gegenteil: Es gibt einige Sonderfälle, in welchen Sie durchaus ein wenig Flunkern dürfen, manchmal sogar müssen. Wieso? Weil der Personaler Ihnen unerlaubte Fragen stellt. Peinliches Schweigen sendet dann die falschen Signale, also können Sie selbstbewusst in die Trickkiste greifen. Allerdings sollten Sie erstens nie zu dick auftragen und zweitens unbedingt wissen, welche Fragen denn nun im Vorstellungsgespräch erlaubt sind und welche nicht. Fassen wir uns kurz: Nicht oder nicht wahrheitsgemäss beantworten müssen Sie Fragen zu
 
  • Ihrer Familie und Familienplanung (Scheidung, Treue, Kinder, Schwangerschaft, Freundeskreis etc.)
  • Ihrer privaten Person (Religion, Gewerkschaftszugehörigkeit, Parteimitgliedschaft, sexuelle Orientierung, Vorstrafen, Schulden etc.)
  • Ihrer Gesundheit (Krankheiten, Allergien, chronische Leiden, Familiengeschichte, Krankheitsgeschichte der vergangenen Jahre etc.)
 
Weshalb Sie diese Fragen nicht beantworten müssen, liegt auf der Hand: Sie lassen auf eine Art der Diskriminierung, des Rassismus oder Sexismus schliessen und tragen nicht zur objektiven Entscheidung für oder gegen einen Bewerber bei. Tragen Sie aber auch hier nicht zu dick auf, sondern handeln Sie unerlaubte Fragen schnell und konsequent ab. Zudem sollten Sie sich selbst fragen, ob Sie denn wirklich eine Stelle bei einem solch unprofessionellen Arbeitgeber antreten möchten...

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