Wer mit seinem eigenen Projekt durchstarten will, kann sich über Crowdfunding Unterstützung sichern. Doch diese Finanzierungsart hat ihre Tücken.
Von Manuela Specker
Nur gerade 50 Franken für eine iPhone-Hülle, die den Akku aufladen kann und kaum dicker ist als herkömmliche Hüllen – mit dieser Idee hat das Start-up „Innoants“ auf der Crowdfunding-Plattform „Indiegogo“ knapp 300`000 Franken gesammelt. Bald soll das „Air Case“ im Handel erhältlich sein. Freuen kann sich auch Philomena Schwab: Per Ende Mai konnte sie über 72`000 Dollar über „Kickstarter“ für das Strategiespiel „Niche“ auftreiben – dabei lag das Ziel bei bescheidenen 15`000 Dollar. Im Februar 2017 soll das Game fertig sein.
Beide Beispiel zeigen, was heute mit Crowfunding möglich ist: Überzeugt die Idee, lässt sich Genug Geld zusammen kriegen, um sie ganz unabhängig von Banken zur Marktreife zu bringen. Allerdings laufen längst nicht alle Geldsammel-Aktionen so märchenhaft ab wie in den eingangs beschriebenen Beispielen. Zahlreiche Projekte dümpeln auf zahlreichen Online-Plattformen vor sich hin. Es ist schwierig, in diesem Überangebot überhaupt Aufmerksamkeit für die eigene Idee zu generieren.
Oft wird nämlich in der euphorisierten Stimmung vergessen, dass Crowdfunding-Plattformen keine Selbstläufer sind. Man muss kräftig die Werbetrommel rühren und geschickt die Social-Media-Kanäle einsetzen. Aber vor allem muss die Begeisterung für die Idee auch unter Freunden und Bekannten entfacht werden. Denn dort wird nach wie vor das meiste Geld aufgetrieben. Am Ende entscheidet die Menge; die Masse machts. Ein Merkmal von Crowdfunding ist, dass in der Regel viele Personen jeweils einen kleinen Beitrag sprechen. Durch den direkten Draht zwischen Geldgebern und Kapitalempfängern darf der Kommunikationsaufwand keinesfalls vernachlässigt werden. Ist der Beitrag noch so klein – der Geldgeber will wissen, was genau damit geschieht und was er erwarten kann.
Die Schwarmfinanzierung befindet sich in der Schweiz noch immer auf vergleichsweise tiefem Niveau: Gemäss der dritten Studie des Institutes für Finanzdienstleistungen Zug (Hochschule Luzern) zum Crowdfunding-Markt wurden 2015 übers Internet insgesamt 27,3 Millionen gesammelt, das waren 73 Prozent mehr als noch 2014 (15,8 Millionen Franken). 2011 betrug das Volumen erst 3,1 Millionen. Zum Vergleich: In Europa stieg die Summe im vergangenen Jahr auf 3,4 Milliarden Franken. Die Zurückhaltung in der Schweiz ist vor allem eine Folge der strengeren Aufsicht und damit verbunden strengeren Vorgaben.
Das Faszinierende am Crowdfunding ist die enorme Bandbreite: Man kann ein Startup mitfinanzieren oder einem Mini-Projekt auf die Sprünge helfen. Am stärksten ist die Kategorie Crowdlending gewachsen, die Geld gegen Zins vergibt. Sie wuchs von 3,5 Millionen auf 7,9 Millionen Franken. Das ist ein Plus von 127 Prozent. «Dieses starke Wachstum hängt vor allem mit dem Markteintritt von Plattformen zusammen, die nicht nur Privatpersonen, sondern auch KMU ermöglichen, via Crowdfunding an Kredite zu gelangen», erklärt Co-Studienleiter und Finanzprofessor Andreas Dietrich. Für KMU würden vergleichsweise grosse Summen fliessen, was das Volumen nach oben treibe. Crowdlending ist angesichts des tiefen Zinsniveaus und der unsicheren Börsenentwicklung zugleich für Investoren attraktiver geworden.
In der Schweiz sind gegenwärtig rund 40 Crowdfunding-Plattformen zugänglich. Nachfolgend eine kleine Auswahl:
www.miteinander-erfolgreich.ch: Diese Plattform wird von der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) betrieben. Es wird zwischen Sponsoring- und Kredit-Projekten unterschieden. Beim Sponsoring erhalten die Geldgeber eine Gegenleistung, die je nach Höhe der zugesprochenen Unterstützung variieren kann. 2015 konnten 30 Projekte erfolgreich finanziert werden.
www.kickstarter.com: Richtet sich an kreative Projekte, z.B. aus dem Bereich Kunst, Film, Fotografie oder Mode. Es handelt sich um eine globale Community. Seit dem Start im April 2009 haben bereits mehr als 11 Millionen Menschen rund 2,4 Milliarden Franken in vielversprechende Projekte investiert.
www.inidegogo.com: Eine internationale Plattform, die sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass die Projektinitianten zwischen flexiblem und festem Zielbetrag wählen können. Bei der flexiblen Variante können sie das Geld behalten, selbst wenn sie das Funding-Ziel nicht erreicht haben.
www.cashare.com: Die grösste Crowlending-Plattform in der Schweiz: Hier werden in erster Linie Darlehen vergeben.
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