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Mobbing am Arbeitsplatz: So wehren Sie sich gekonnt

Veröffentlicht am 07.01.2021
Mobbing am Arbeitsplatz: So wehren Sie sich gekonnt
Fälle von Mobbing am Arbeitsplatz gibt es immer wieder. Doch obwohl das Gesetz auf ihrer Seite ist, melden viele Betroffene das Problem nicht einmal. Dabei könnten sie ihre Unsicherheiten ablegen und für ihr Recht eintreten - mit der richtigen Strategie.
Was ist Mobbing?
Mobbing kann viele Gesichter haben und beginnt oft im Kleinen. Angefangen bei einer abschätzigen oder herabwürdigenden Bemerkung, über unsachliche Kritik, bis hin zu systematischer Schikane und gezielter Demütigung. Aber auch unbeabsichtigte Benachteiligung fällt darunter. Die Ursachen können dabei sehr unterschiedlich sein. Eine persönliche oder berufliche Unsicherheit wirkt dabei oft als Verstärker. Gerade im Zuge von Wirtschaftskrisen, Stellenstreichungen und betrieblichem Sparkurs neigen viele Angestellte zu aggressiverem Konkurrenzdenken und Handeln entsprechend.
 
Die Fürsorgepflicht
Da liegt es in der Verantwortung des Unternehmens bzw. der Vorgesetzten, solche Vorfälle zu ahnden und im Idealfall durch geeignete Massnahmen gar nicht erst entstehen zu lassen. Kommt der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach, ruiniert über kurz oder lang nicht nur das Betriebsklima. Er muss sich in dem Fall auch vor Gericht verantworten. Denn das Bundesgericht der Schweiz hat dazu eindeutige Regeln erlassen. Der Schutz der eigenen Mitarbeiter ist nämlich Teil der vertraglichen Pflicht jedes Arbeitgebers. Wird Mobbing nicht effektiv unterbunden, können betroffene Angestellte Klage einreichen und Schadensersatz fordern. Handelt es sich um einen Fall, der in den Augen des Gerichts als besonders schwerwiegend eingestuft wird, kann der Betrieb darüber hinaus zur Zahlung einer Genugtuungssumme verurteilt werden. Abgesehen davon stellt auch die u. U. langfristige Image-Schädigung ein erhebliches Problem dar, das sich am Ende finanziell niederschlägt.
 
Systematisch vorgehen
Wer Opfer von Mobbing geworden ist, sollte so schnell wie möglich handeln. Denn wehrt sich das Opfer nicht, verschlimmert sich die Situation fast immer. Wichtig ist jedoch, nicht impulsiv zu reagieren, sondern systematisch vorzugehen. Dabei sind auch formale Vorgaben zu beachten.
 
Nicht gleich vor Gericht
Ein Mitarbeiter, der von Kollegen gemobbt wird, muss zunächst auf den Arbeitgeber zugehen. Wer das versäumt und später gekündigt wird, kann auch nicht mehr gegen die Missstände im Unternehmen vorgehen und seine Rechte einklagen, wie ein entsprechendes Gerichtsurteil besagt. Informieren Sie die zuständigen Vorgesetzten deshalb über den Vorfall und erinnern Sie sie an die Fürsorgepflicht. Vorteilhaft ist es, bei diesem Gespräch einen Zeugen dabei zu haben. Als Mitarbeiterin bei der Fachstelle für Mobbing und Belästigung in Zürich und Bern empfiehlt Claudia Stam-Wassmer für die ersten Gespräche, den rechtlich relevanten Begriff des "Mobbings" nicht zu verwenden. Ratsam sei stattdessen, die Problemsituation konkret zu benennen und sachlich, aber detailliert zu schildern.
 
Beweise sammeln
Doch bereits vor dem Gespräch mit dem Arbeitgeber sollten Sie strategisch vorgehen. Eine der wichtigsten Massnahmen bei Mobbing ist das schriftliche Festhalten sämtlicher Vorfälle, ganz ähnlich wie bei einem Tagebuch. Das bringt eine ganze Reihe an Vorteilen mit sich, die das meist nicht leichte Prozedere enorm unterstützen. Zunächst vergessen Sie dadurch keine Vorkommnisse, die relevant sind und die Sie später schildern. Viele Chefs behaupten später nämlich, dass sie von nichts wussten oder keine Ahnung von den Ausmassen hatten. Gleichzeitig können Sie selbst die Attacken besser verarbeiten, wenn sie sie aufschreiben und sich so davon distanzieren. Im Falle von Unsicherheit, ob ein subtiler Angriff stattgefunden hat, können Sie sich mit den Notizen zudem an Aussenstehende wenden und ihre Meinung einholen. Legt man die Auflistungen schliesslich seinem Arbeitgeber vor, ist man argumentativ bestens gerüstet und signalisiert zugleich, dass man an einer Lösung des Problems interessiert ist.
 
Tipps für das Gespräch
Sich gegen Mobbing zu Wehr zu setzen, ist nie leicht. Viele trauen sich nicht, wodurch sich die Probleme verstärken und sich oft auf weitere Personen überträgt. Umso wichtiger ist der Schritt. Alles, was Sie brauchen, ist die richtige Vorbereitung. Denn das Gesetz ist bereits auf Ihrer Seite. Inhaltlich genügt weitestgehend ein ordentlich geführtes Notizbuch, in dem sämtliche Vorfälle inkl. Datum und beteiligter Personen beschrieben sind. Da Sachlichkeit bei der Schilderung von Gefühlsverletzungen gefragt ist, sollten Sie die Emotionen ebenfalls aufschreiben und später reflektieren. Fokussieren Sie sich auch im persönlichen Gespräch darauf und vermeiden Sie eine Vorwurfshaltung. Formulierungen wie "Für mich ist das verletzend / belastend..." oder "dabei habe ich mich abgewertet / übergangen / nicht anerkannt gefühlt" sind für einen produktiven Dialog deutlich wirkungsvoller, ohne dass dabei etwas verharmlost wird. Geht Ihr Gegenüber nicht auf die Probleme ein oder spielt sie herunter, sollten Sie ihn an Ihre Rechte erinnern. Sollte sich selbst dann nichts ändern, sollte ein Anwalt eingeschaltet werden.