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Eine Frage der Werte

Veröffentlicht am 24.06.2017
Eine Frage der Werte
Die Arbeitszufriedenheit hat sehr viel damit zu tun, ob die eigenen Werte mit den Grundhaltungen der Firma übereinstimmen.
 
Von Manuela Specker
 
Es gibt Leute, die um keinen Preis der Welt für eine Bank arbeiten würden, weil ihnen dies ihre antikapitalistische Grundeinstellung verbietet. Andere fokussieren ausschliesslich auf NGOs, weil sie „etwas Sinnvolles“ machen möchten: Die Wahl des Arbeitgebers hat oft mit den inneren Überzeugungen zu tun. Wer sich auch daran orientiert anstatt nur am Arbeitsinhalt, hat die grösseren Chancen zu mehr Zufriedenheit im Job.
 
Diese hängt nämlich nicht in erster vom Lohn ab. „Die persönliche Wertewelt ist fest in allen Mitarbeitenden verankert. Wenn sie sich mit ihren Einstellungen im Unternehmen nicht wohlfühlen, bringen auch die perfekte fachliche Eignung und Bonuszahlungen nicht viel“, sagt Yeng Chow, Senior Manager beim Personaldienstleiter Robert Half in Zürich.
 
Allerdings kann es zu kurz greifen, eine Firma alleine aufgrund der Branche als unpassend zu erachten, da in der Beurteilung immer auch Vorurteile mitspielen. Klar, in einer Bank dreht sich der Arbeitsalltag zwangsläufig um Geld. Aber das heisst noch lange nicht, dass man in einer NGO automatisch besser aufgehoben ist, nur weil der Arbeitsinhalt besser mit den eigenen Werten zu übereinstimmen scheint. Firmen sind keine Monolithen, in denen alle Abteilungen gleich ticken.
 
Darum lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen anstatt die ganze Firma über einen Kamm zu scheren. Dasselbe gilt auch, wenn Arbeitgeber-Bewertungen auf Plattformen wie Kununu oder Glassdoor beigezogen werden. Viele schlechte Bewertungen bedeuten noch lange nicht, dass es einem dort nicht gefallen würde. Oder anders ausgedrückt: Wenn Mitarbeitende aus der IT-Abteilung keine guten Worte finden, sollte dieser Eindruck nicht ungefiltert auf die Abteilung übertragen werden, die man ins Auge gefasst hat. Hingegen kann es sich lohnen, bestimmte Muster ausfindig zu machen. Wenn zum Beispiel über mehrere Fachbereiche beklagt wird, dass die Präsenzzeiten sehr hoch sind und es kaum Entwicklungsmöglichkeiten gibt, könnte tatsächlich der Wurm in der Firma drin liegen. 
 
Erst das Vorstellungsgespräch kann Klarheit verschaffen – und zwar auf beiden Seiten. „Deshalb sind professionell geführte Bewerbungsgespräche und ein Abgleich der Anforderungen beider Parteien von enormer Bedeutung“, so Chow. Im ersten Gespräch würden sich Bewerber oft anpassen und genau das sagen, was das Gegenüber hören wolle. Arbeitgeber wiederum würden das Vorstellungsgespräch häufig als Werbeveranstaltung für das Unternehmen nutzen.
 
Diese Leerläufe könnten sich beide Seiten ersparen und stattdessen darauf fokussieren, ob nicht nur das fachliche Können kongruent ist mit den Anforderungen, sondern ob auch die Grundwerte übereinstimmen. Dafür braucht es immer persönliche Gespräche – gerade in Zeiten, in denen Firmen Hochglanzbroschüren produzieren, in denen von Werten und Visionen die Rede ist. Was zählt, ist eben nicht, was in einem Leitbild steht, sondern wie die Werte im Arbeitsalltag und in der eigenen Abteilung konkret gelebt werden.
 
Je besser die Arbeitnehmenden wissen, was sie wollen, desto eher landen sie an einem Arbeitsplatz, der ihrer Zufriedenheit dienlich ist. Darum ist es ratsam, von Zeit zu Zeit die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen. Wer zum Beispiel nur auf grosse, bekannte Firmennamen fokussiert, aber jedes Mal mit starren Strukturen und langen Entscheidungswegen in den Clinch gerät, sollte sich vielleicht mal überlegen, ob ein kleineres Unternehmen nicht besser zur eigenen Arbeitsweise passen würde. Aber auch hier gilt: Weder die Branche noch die Grösse eines Unternehmens geben automatisch Aufschluss darüber, wie es sich dort arbeitet.
 
 
Bildquelle: Thinkstock