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PR in eigener Sache

Veröffentlicht am 08.02.2015
PR in eigener Sache - Selbstvermarktung - myjob.ch
Weshalb die berufliche Selbstvermarktung an Grenzen gestossen ist – und wie Angestellte den Mittelweg finden
Wer sich nicht geschickt vermarkten kann, macht auch keine Karriere – so lautet der Grundtenor in der heutigen Arbeitswelt. Doch es zahlt sich aus, vermehrt wieder auf Taten statt auf Worte zu setzen.
 
Von Manuela Specker

 Der Medien- und Kommunikationswissenschafler Karl Nessmann verzeichnet bereits seit Ende der 1980er-Jahre eine starke Zunahme personenbezogener PR. “In einer neoliberalen Gesellschaft kommt keiner am Selbstmarketing vorbei”, meint er. Längst sind es nicht nur Schauspieler oder Politikerinnen, die an ihrem Image feilen – auch der Sachbearbeiter von nebenan versucht, seinen Auftritt in jeder Hinsicht zu optimieren.
 
Das ist nicht weiter verwunderlich: Wenn Mitarbeitende im eigenen Umfeld immer wieder beobachten können, dass selbstbewusstes Auftreten mit einer Beförderung honoriert wird, machen auch sie sich diese Logik zu eigen. Die Tendenz hin zur PR in eigener Sache ist auch eine Konsequenz des sich wandelnden Arbeitsmarktes. In einer Wissensgesellschaft sind konkrete Resultat und deren Qualität längst nicht immer messbar. Das öffnet Blendern und geschickten Rednern Tür und Tor – erst recht in einem Umfeld, wo die Stellenangebote knapp sind. Parallel zu den Versuchen, sich als Marke zu inszenieren, ist der Beratermarkt gewachsen. Karl Nessmann spricht zu Recht von einer „Boom-Branche“.
 
Nur: die beruflichen Selbstvermarktungsstrategien sind mittlerweile an ihre Grenzen gestossen, gerade weil es salonfähig geworden ist, mehr auf Schein anstatt Sein zu setzen – jeder eine Marke, jeder eine Ich AG.  Das Business-Netzwerk LinkedIn beispielsweise hat mehr als 300 Millionen Profile unter die Lupe genommen. An der Spitze der Schlagwörter, mit denen sich Mitglieder selber beschreiben, stehen „motiviert“, „leidenschaftlich“ und „kreativ“.
 
"Viele dieser Begriffe sind nur noch leere Worthülsen, die ihren Wert für die Selbstdarstellung völlig verloren haben", meint Till Kaestner, Geschäftsleiter Schweiz, Deutschland und Österreich bei LinkedIn. Für potenzielle Arbeitgeber sei es viel hilfreicher, konkrete Informationen zu bekommen. „Ein Vertriebsspezialist könnte auf zehn Jahre im Vertriebswesen und die Übererfüllung von Quotenvorgaben verweisen, anstatt von langjähriger Erfahrung und einer nebulös formulierten Erfolgsbilanz zu schreiben“, nennt Kaestner als Beispiel. „Je konkreter die Information, desto besser."
 
Am besten werden die eigenen Fähigkeiten und speziellen Kompetenzen durch konkrete Arbeitsergebnisse belegt, vor allem auch in einem Lebenslauf. Das ist allemal aussagekräftiger, als sich als „Organisationstalent“ oder als „dynamisch“ zu bezeichnen. Kritische Geister gehen sowieso davon aus, dass diese Qualitäten eben gerade nicht mitbringt, wer sich auf diese Art und Weise beschreibt. PR in eigener Sache funktioniert nur, wenn damit eine konkrete Leistung vermarktet werden kann.
 
Personalberater kritisieren mittlerweile sogar die Selbstüberschätzung vieler „High Potentials“, wie die Unternehmensberatung Kienbaum festgestellt hat.  Das soll keinesfalls heissen, dass Selbstmarketing des Teufels ist. Falsche Bescheidenheit ist genauso unangebracht wie extrovertierte Selbstdarstellung. Denn wer immer nur bescheiden im Hintergrund agiert, kann in einer extrovertierten Gesellschaften schnell einmal als weniger engagiert angeschaut werden. Wer nur im stillen Kämmerlein hervorragende Arbeit leistet, muss damit rechnen, dass dies niemand mitbekommt – entsprechend bleiben Wertschätzung, Beförderung und womöglich Gehaltserhöhung aus. Eine Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater unter 500 Personalberatern kam zum Schluss: „Falsche Bescheidenheit gilt als einer der Top-10-Karrierekiller“. Letztlich geht es darum, nicht von anderen zu erwarten, dass sie einen fördern, sondern das Heft selber in die Hände zu nehmen.
 
Die Kunst liegt darin, einen gesunden Mittelweg zu finden. Und dafür ist es zentral, dass Selbstbild und Fremdbild einigermassen übereinstimmen. Denn der berufliche Aufstieg, so hält die Studie weiter fest, scheitert häufig an mangelnder Selbsteinschätzung und Kritikfähigkeit. Iris Hammelmann, Autorin des Ratgebers „Tue Gutes und sag es deinem Chef“, bringt es auf den Punkt: „Nur wer sich realistisch einschätzt, kann eine auf sein Profil abgestimmte Strategie entwickeln, um auf dem Arbeitsmarkt einen guten Platz zu bekommen.“


Foto: Thinkstock