Leistung und permanente Erreichbarkeit zahlen sich nicht immer aus: Eine andere Sichtweise auf vermeintliche Karrierezünder.
Von Manuela Specker
- Der Lohn sollte immer steigen
Es ist eine weit verbreitete Annahme, wonach bei jedem Stellenwechsel auch der Lohn steigen muss, am besten gleich um 10 bis 20 Prozent. Die Karriere nach rein monetären Kriterien zu richten, ist allerdings nicht empfehlenswert und vor allem kurzsichtig. So kann es durchaus Sinn machen, eine Stelle zu einem tieferen Lohn anzunehmen, wenn sie dafür mehr Perspektiven bietet oder wenn einem am neuen Ort das Umfeld mehr entspricht. Geld wird für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz meistens überschätzt. Korrekt hingegen ist, dass Lohnsteigerungen am ehesten bei einer Neuanstellung möglich sind. Wer im selben Job ohne Funktionswechsel nach mehr Lohn fragt, muss sich meist mit kleinen Sprüngen zufrieden geben – wenn überhaupt.
- Leistung zahlt sich aus
Wer am meisten arbeitet, wird auch eher befördert? Das hängt leider nur zu einem gewissen Grad von der tatsächlichen Leistung ab. Der Kollege von nebenan, der auch mal auf ein Feierabendbier geht und sich zu positionieren weiss, hat vermutlich die besseren Karten. Ökonomen der Universität Düsseldorf kamen sogar zum Schluss, dass das sogenannte „social drinking“ – also moderater Alkoholkonsum in Gesellschaft anderer Menschen – ein Karrieretreiber ist. Man lernt sich auf diese Weise besser kennen und einschätzen. Das fördert das gegenseitige Vertrauen.
- Der MBA garantiert Aufstieg
Ein MBA (Master of Business Administration) erweitert zweifellos die Management-Kompetenzen, gerade für jene ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Ein Garant für den beruflichenAufstieg ist er deshalb noch lange nicht: Nicht auf den Titel kommt es an, sonder auf das Renommee der Institution, die ihn verleiht. Denn MBA-Studiengänge gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, inklusive Schnellbleichen. Zu den renommiertesten Instituten in der Schweiz gehören das IMD in Lausanne, die Universitäten St.Gallen und Zürich sowie das Programm der Universität Bern in Kooperation mit der University of Rochester.
- Auslandaufenthalte sind karrierefördernd
Wer sich im Ausland beruflich behauptet, erweitert seinen Horizont. Das heisst allerdings noch lange nicht, dass einem bei der Rückkehr ins Heimatland alle Türen offen stehen, im Gegenteil. Denn während der eigenen Abwesenheit werden in der Firma Kontakte verknüpft, wichtige Jobs vergeben und Prozesse umgestaltet. Deshalb erleben gerade Expats nach der Rückkehr oft eine grosse Enttäuschung, weil es keinen passenden Job für sie gibt oder sie sich zuerst in der früheren Position behaupten müssen. Deshalb sollten Mitarbeitende, die sich ins Ausland entsenden lassen, genau überprüfen, wie sich die Perspektiven im eigenen Unternehmen durch einen Auslandaufenthalt verbessern sollen. Konkrete Positionszusagen seitens der Firmen kann zwar niemand erwarten – hingegen mittelfristige Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven. Expatriates vereinfachen sich die Integration, wenn sie in der Ferne den Draht zu ehemaligen Kollegen und Vorgesetzten aufrechterhalten.
- Permanente Erreichbarkeit erhöht die Karrierechancen
In Zeiten von Smartphone und Tablet ist es keine Kunst, ständig erreichbar zu sein. Besonders karrierebewusste Menschen sehen dies gar als Voraussetzung, um beruflich aufzusteigen. Das ist ein Trugschluss. Denn wenn jemand immer sofort auf E-Mails antwortet, stellt sich die Frage, ob diese Person sich überhaupt noch vertieft auf etwas konzentrieren kann. Nicht zu unterschätzen sind die Signale, die man durch permanente Erreichbarkeit aussendet. Es ist ein bisschen wie in der Liebe: Wer immer erreichbar ist, macht sich plötzlich uninteressant. Wer sich wehrlos dem Informationsfluss hingibt, untergräbt zudem unter Umständen seine Fähigkeit, Dinge einzuordnen und Schlussfolgerungen zu ziehen; der Blick fürs Wesentliche geht verloren.
Bildquelle: Thinkstock