Was macht ein gutes Team aus? Sicher ist: es lässt sich nicht erzwingen. Schon gar nicht über Plausch-Events.
Von Manuela Specker
Es kommt nicht von ungefähr, dass Unternehmen heute soviel Wert auf Teamarbeit legen. Die Strukturen sind auf bereichsübergreifende Arbeit ausgerichtet, die Hierarchien nicht mehr gleich starr wie früher, entsprechend wird von Mitarbeitenden erwartet, dass sie sich von ihrem „Gärtchendenken“ lösen und den gesamten Bereich im Blickfeld haben.
Dass dies oftmals nicht klappt, liegt nicht zwingend an einzelnen Persönlichkeiten. Das Problem ist vielmehr hausgemacht, wenn die Unternehmenskultur zu sehr darauf ausgerichtet ist, den einzelnen zu belohnen, der aktiv in Erscheinung tritt und sich gut verkauft. So gesehen müssten Firmen, die „Teamplayer“ suchen, zuerst einmal ihre Unternehmens- und Führungskultur überdenken. Stattdessen werden Symptome bekämpft und Mitarbeitende halbjährlich zu Outdoor-Events eingeladen, an denen sie gemeinsam über das Hochseil laufen, Wände hochklettern oder einen reissenden Fluss hinunterpaddeln.
Der Überlegungsfehler steckt schon in solchen Events selber: Nicht alle haben Freude, in einem Boot mit Helm und Schwimmweste zu sitzen. Eine Betätigung, die sie privat nie machen würden. Doch im Job werden sie plötzlich dazu gezwungen, denn sie wissen: Wenn sie sich querstellen, gelten sie als Querulanten, die den Teamentwicklungsprozess stören.
So genannte Teamevents entfalten ihre Wirkung nur, wenn das Team bereits funktioniert. Dann sind sie nicht nur eine willkommene Abwechslung zum Arbeitsalltag – über gemeinsame Erlebnisse können sie ein Team tatsächlich zusammenschweissen. Unter Umständen zeigen sie sogar, wer sich für welche Aufgaben eignet. Aber eben: Teambuilding lässt sich nicht auf Kommando verordnen. Teamentwicklung braucht vor allem eins: Zeit.
Ob ein Team auf Dauer funktioniert, hat weniger mit punktuellen Massnahmen sondern mit grundlegenden Strukturen zu tun: Wie ist es organisiert? Fehlt ein klarer Leader, ist die Gefahr gross, das risikoreicher entschieden wird, weil sich die Verantwortung sozusagen auf alle Mitglieder verteilt. Allerdings können und sollen nicht von vorneherein alle Positionen definiert werden. Ein Team muss als eine Art lebendiger Organismus betrachtet werden, in dem jeder zu seiner Rolle findet, die sich mit der Zeit verändert.
Ein Team ist auch nicht automatisch schlagkräftiger. Es gibt Personen, die verstehen es hervorragend, sich hinter anderen zu verstecken und diese die Hauptarbeit erledigen zu lassen – in einem grossen Team fällt das nicht einmal auf. Dieser Trittbrettfahrer-Effekt ist umso wahrscheinlicher, je weniger die Arbeit in einem Team einem bestimmten Mitglied zugeordnet werden kann. Verbindliche Leistungsstandards und soziale Sanktionen verlieren so ihre Wirkung. Sobald sich aber die Leistungsstarken der „sozialen Faulenzer“ gewahr werden, lässt auch deren Motivation verständlicherweise nach.
Der Management-Berater Fredmund Malik hat also gute Gründe, wenn er in seinem Buch „Gefährliche Management-Wörter. Und warum man sie vermeiden sollte“ die fast ausschliesslich positive Verwendung des Begriffes „Teamarbeit“ kritisiert. Sie werde nicht als eine von mehreren möglichen Formen des Arbeitens betrachtet, sondern als einzig wünschenswerte. Doch gerade wenn es darum geht, kreatives Potential zu entfalten, haben Teams das Nachsehen. Die grossen Erfindungen und Erkenntnisse auf dieser Welt sind jedenfalls nicht der Teamarbeit entsprungen. Selbst Forschungsteams verdanken den Durchbruch in der Regel dem Einfall eines Einzelnen. Anders schaut es aus, wenn sich Mitarbeitende über ein Team in ihren Stärken und Kompetenzen ergänzen und jeder Einzelne weiss, warum es gerade ihn braucht. Teams erweisen sich dann als optimale Arbeitsform, wenn unterschiedlicher Sachverstand gebraucht wird, um ein Problem zu lösen.
Was macht ein gutes Team aus?
- Es hat Zeit, sich selber zu organisieren, Rollen zu klären, Arbeitsprozesse zu gestalten und ein „Wir“-Gefühl zu entwickeln. Ein natürlich gewachsenes Team verliert sich weniger in Kompetenzgerangel
- Das gemeinsame Ziel ist bekannt
- Die Einzelleistungen bleiben sichtbar. Jeder einzelne weiss, weshalb es gerade ihn in diesem Team braucht
- Der Informationsfluss funktioniert, die Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen
- Es existiert eine offene Gesprächs- und Streitkultur