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Aufstieg zum Karriere-Gipfel

Veröffentlicht am 06.09.2015
Aufstieg zum Karriere-Gipfel - höhere Stelle bewerben - myjob.ch
Wer sich auf eine höhere Stelle bewirbt, muss seine Fähigkeiten auch richtig verkaufen können
Es gibt verschiedene Wege, im Beruf aufzusteigen. Einer davon: sich zur richtigen Zeit um eine höhere Position bewerben. Der Karrierecoach Martin Wehrle verrät, worauf es dabei ankommt.
 
Von Martin Wehrle*

Was tut ein Bergsteiger vor jeder Tour? Erst sucht er sich einen Gipfel aus, dann legt er die Route fest. Die umgekehrte Wahl wäre töricht. Genau dasselbe gilt für Ihren Karriereaufstieg: Überlegen Sie sich erst, auf welche Hierarchieebene Sie wollen – und schauen Sie dann, welche Route Sie zum Gipfel führt. Mal gelingt ein Aufstieg in der eigenen Firma, dann durch Bewerbung.
 
Wer seine Beförderung durchsetzen will, ist immer nur so stark wie seine Alternativen. Denn was wollen Sie unternehmen, wenn Ihr Beförderungswunsch in der eigenen Firma auf taube Ohren stösst? Beleidigt sein? Einfach weiterarbeiten? Nein, wenn eine Route zum Gipfel blockiert ist, dann schlagen Sie einen anderen Weg ein.
 
Dabei können Sie von einer Merkwürdigkeit profitieren: Wer als Bewerber aus einer anderen Firma kommt, kann seine Forderungen oft leichter durchsetzen als ein langjähriger Mitarbeiter – schliesslich müssen Sie aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis abgeworben werden. Zwei Probate Lockmittel der Firmen: Sie winken Ihnen mit einer höheren Position und einem höheren Gehalt.
 
Was ist grundsätzlich zu bedenken, wenn Sie einen Karrieresprung durch Bewerbung anstreben? Es gibt zwei Arten von Motivation: die eine, wenn Sie etwas reizt (Anreiz-Motivation), die andere, wenn Sie etwas vertreibt (Flucht-Motivation). Stellen Sie Ihr Wechselmotiv immer als Anreiz-Motivation dar, Motto: „Ich habe im Moment einen interessanten Job und mag meine Firma – aber bei Ihnen, glaube ich, könnte ich meine Fähigkeiten noch besser einbringen.“
 
Und warum dürfen Sie nicht sagen: „In meiner alten Firma gibt’s leider keine Aufstiegsmöglichkeit.“? Erstens wecken Sie Zweifel an Ihren Fähigkeiten: Liegt’s vielleicht an Ihnen? Zweitens erklären Sie die neue Firma zum Notnagel. Denn wer garantiert, dass Sie dort nicht nur für eine Übergangszeit unterschlüpfen, um sich aus einer unangenehmen Situation zu befreien? Das ist so, als würde jemand seinen Heiratsantrag mit den Worten begründen: „Mit meinem alten Partner sehe ich keine Zukunft mehr, deshalb möchte ich mit dir ...“ Liebeserklärungen klingen anders!
 
Erkennen Sie, dass jede Stellenausschreibung ein Hilferuf ist: Eine Firma hat ein Problem, ein Loch in ihrer Personaldecke, und Sie als Bewerber sollen es stopfen. Arbeiten Sie in Ihrem Anschreiben, Ihrem Lebenslauf und später im Vorstellungsgespräch exakt heraus, welche Schnittflächen Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen mit dem Bedarf der Firma verbinden.
 
Heben Sie bei der Bewerbung auf leitende Funktionen besonders hervor, in welchen Situationen Sie schon geführt haben – und sei es nur, dass Sie freie Mitarbeiter angeleitet haben, ein Sekretariat koordiniert oder einen Auszubildenden in den Beruf geführt. All das klingt deutlich besser als: „Keinerlei Führungserfahrung.“
Machen Sie sich klar, dass Ihr Auftritt als Bewerber eine Arbeitsprobe ist, wie Sie als Führungskraft arbeiten werden. Schaffen Sie es, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren? Oder umfasst Ihr Lebenslauf nicht nur zwei bis drei Seiten, sondern erstreckt sich auf halbe Romanlänge? Erreichen Sie es, andere durch Ihre Worte mitzureissen? Oder klingt Ihr Bewerbungsbrief so aufregend wie eine Klospülung? Und gelingt es Ihnen im Vorstellungsgespräch, souverän und selbstbewusst aufzutreten, auch durch eine stimmige Gehaltsforderung? Oder wirken Sie eher wie ein Schiffsbrüchiger, der nach einem Strohhalm greift?
 
Gerade für einen Karrieresprung lohnt es sich, Ihren Auftritt im Vorstellungsgespräch minutiös zu trainieren. Üben Sie mit einem  Freund oder einer Freundin! Welche Fragen sind zu erwarten? Und was genau werden Sie antworten? Wie kein Schauspieler auf die Bühne treten würde, ohne vorher geprobt zu haben, sollten Sie Ihren Auftritt als Bewerber nicht dem Zufall überlassen. Das erhöht die Chancen auf Ihren Karrieresprung.
 
*Der Erfolgsautor Martin Wehrle (44) gilt als Deutschlands bekanntester Karrierecoach, sein aktuelles Buch ist der Spiegel-Bestseller „Herr Müller, Sie sind doch nicht schwanger?!“ In der Schweiz ist er als unterhaltsamer Vortragsredner bekannt, u.a. zu Führungskultur und Frauenförderung. Kontakt über: www.wehrle-redner.de

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