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Der beste Weg zum Doktorat

Veröffentlicht am 13.12.2015
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Ein Doktortitel galt einst als Garant für eine steile Karriere. Diese Zeiten sind vorbei. Unter welchen Umständen zahlt sich die Promotion noch aus?   Von Manuela Specker
„Dr. Arbeitslos“ – eine Bezeichnung, die suggeriert, Personen mit einem Doktortitel hätten es schwierig auf dem Arbeitsmarkt. Doch Daten bestätigen diese Annahme nicht. Weder die Hochschulabsolventenbefragung noch die Erwerbslosenquoten sprechen gegen das Doktorat. 2011 zum Beispiel waren nur 2,7 Prozent aller Doktorierten nach Definition der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) arbeitslos, wie im Bericht des Schweizerischen Wissenschafts- und Innovationsrates (SWIR) festgehalten ist.

Und trotzdem kommt Jürg Zellweger, Ressortleiter Bildung beim Schweizerischen Arbeitgeberverband, gegenüber der „NZZ am Sonntag“ zum Schluss, dass der Doktortitel an Bedeutung verloren habe. Tatsächliche Fähigkeiten, Haltungen und Erfahrungen würden in der Praxis für den Karriereverlauf bedeutender sein als ein formaler Abschluss.
 
Wie passt das zusammen? In der Privatwirtschaft wird gerne gewitzelt, dass nur jene doktorieren, die in der Praxis nichts taugen. All die spektakulären Plagiatsfälle haben auch nicht gerade dazu beigetragen, das Ansehen der Promotion zu steigern – wo doch das „Dr.“ vor dem Namen einst Prestige und Macht garantierten.
 
Die abnehmende Bedeutung ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass es mittlerweile zahlreiche andere Weiterbildungsmöglichkeiten gibt. Diesen Schluss lässt auch der aktuelle Schilling-Report zu. Bereits 2012 wurde im Bericht festgehalten, dass die Bedeutung von Promotionen zugunsten von MBA, Business School und Fachdiplomen abnehmen wird. Jetzt zeigt sich, dass diese Annahme goldrichtig war. Gegenwärtig verfügen 16 Prozent aller Geschäftsleitungsmitglieder über einen Doktortitel, das ist der tiefste Wert im gesamten Erhebungszeitraum. Zugleich steigt der Wert von Weiterbildungen: 2015 absolvierten 45 Prozent aller Geschäftsleitungsmitglieder eine Weiterbildung. Dasselbe Bild ergibt sich bei den Verwaltungsräten, wo 32 Prozent über einen Doktortitel verfügen, das ist ein Prozentpunkt weniger als noch vor einem Jahr. Aber auch bei den Verwaltungsräten absolvierten mit 43 Prozent so viele wie noch nie eine Weiterbildung.
 
Lohnt es sich überhaupt noch zu doktorieren, wenn man nicht explizit eine wissenschaftliche Karriere anstrebt? Ja, es lohnt sich – sofern der Antrieb der Richtige ist. Wer sich aus purem Interesse in einen ganz spezifischen Themenbereich vertiefen möchte, wer aus Leidenschaft für die Sache mehrere Jahre in die Forschung investieren möchte, hat gute Voraussetzungen, auch in der Arbeitswelt erfolgreich Fuss zu fassen. Doktoranden frisch ab Uni sind auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor gefragt, gerade aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik und Medizin – bisweilen ist der Titel sogar mehr Pflicht als Kür. Auch in Consultingberufen machen sich Doktortitel nach wie vor gut, da sie für Seriosität und Expertise stehen – und das kommt bei den Kundinnen und Kunden sehr gut an.
Die Vorstellung vom hochspezialisierten Akademiker, der ausserhalb seines Fachgebietes nicht besteht, ist ein Mythos – als ob ein Doktorat nur dazu befähigen würde, sich in seinem Spezialgebiet zu bewegen. Vergessen werden gerne all die Nebeneffekte, die ein Doktorat mit sich bringt: Ein geschärftes analytisches und konzeptionelles Denken, die Fähigkeit, wichtige Fragestellungen zu erkennen, Verknüpfungen herzustellen und die Ausdauer, an einem Thema dranzubleiben. Eine erfolgreiche Dissertation ist immer auch Ausdruck von Neugierde und Hartnäckigkeit – Eigenschaften, die eine mehrjährige Forschungsarbeit mit all ihren Höhen und Tiefen überhaupt erst möglich machen.
Die Vorstellung, dass ein Doktortitel der Karriere eher schadet als nützt geht auch von der falschen Annahme aus, dass sich eine Karriere rational steuern lässt. Dabei sind besten Voraussetzungen noch immer, dem inneren Ruf zu folgen. Wenn dazu gehört, sich etwa fünf Jahre lang mit einer Materie auseinanderzusetzen, einsame Stunden im Forschungslabor oder in Bibliotheken zu verbringen und neue Erkenntnisse zu generieren, wäre es geradezu töricht, sich aus karrieretechnischen Überlegungen dagegen zu entscheiden.
 
Selbstverständlich garantiert eine eigenständig verfasste Dissertation alleine noch keinen beruflichen Erfolg. Wer nur doktoriert, weil er keine Perspektiven über seine berufliche Zukunft entwickelt hat, muss sich nicht wundern, wenn einen der Doktortitel nicht weiterbringt. Gerade in geisteswissenschaftlichen Fächern, die nicht auf einen konkreten Beruf vorbereiten, braucht es diese Perspektiven, die man idealerweise mit Praxiserfahrung belegen kann – und mit dem Erwerb zusätzlicher Kenntnisse, zum Beispiel in der Lehrtätigkeit oder mit dem Erlernen weiterer Fremdsprachen. Warum nicht hervorheben, wie man in dieser Zeit selber finanzielle Mittel aufgetrieben hat? Letztlich geht es darum, den Nutzen der erworbenen Kenntnisse für die Privatwirtschart aufzuzeigen. Von Titeln alleine lässt sich heute kaum jemand mehr beeindrucken.

Foto: Thinkstock