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Nie mehr sprachlos

Veröffentlicht am 02.08.2016
Nie mehr sprachlos
Fremdsprachenkenntnisse helfen auch der eigenen Karriere. Das Problem ist die Selbstdisziplin – trotz zahlreicher digitaler Lernhilfen. VON MANUELA SPECKER
Auf dem Handy am Morgen auf dem Weg zur Arbeit rasch ein Quiz absolvieren, am PC die Lücken in einem Text ausfüllen: Noch nie waren mit Handy und Computer die Hürden so klein, eine neue Sprache zu erlernen oder bisherige Sprachkenntnisse aufzufrischen. Die digitalen Möglichkeiten sind schier unendlich – die Selbstdisziplin ist es leider nicht. Allzu oft versandet die Anfangseuphorie, weil ohne konsequentes Büffeln irgendwann keine Fortschritte mehr zu erzielen sind. Wie also lässt sich ein anständiges Niveau erreichen, das im besten Fall auch der eigenen Karriere dienlich ist? Denn selbst wenn die Fremdsprachenkenntnisse im Beruf nicht von direktem Nutzen sind, weisen sie immer auf ein ausgeprägtes Interesse und Engagement hin.

Der Irländer Benny Lewis, der fliessend sieben Sprachen spricht und vier weitere konversationssicher beherrscht, weiss, worauf es ankommt. Er betreibt den Blog «Fluent in three months», mit dem er auf enorme Resonanz stösst. Er selber bezeichnet sich als nicht besonders sprachbegabt. Mit 21, als er von der Schule ging, beherrschte er nur Englisch und hatte in dieser Zeit grosse Mühe mit den Sprachfächern. Was also ist sein Geheimnis?

Einer der Fehler, den viele begehen: Sie verweilen zu lange im stillen Kämmerlein, gebeugt über Bücher, anstatt den Dialog zu suchen. «Man muss rasch mit Sprechen beginnen», so Benny Lewis. Warum sich nicht einen Tandem-Partner suchen? Gerade mit Skype sind dieser Möglichkeit keine Grenzen mehr gesetzt.

Seine weiteren Tipps:
  •  Lernen Sie zu Beginn Standard-Sätze auswendig, anstatt sich in grammatikalische Feinheiten zu vertiefen.
  • Eignen Sie sich rasch die Modal-Verben wie «müssen», «mögen» und «möchten» an. So können Sie früh Sätze bilden, ohne die Zeitformen vollumfänglich zu beherrschen (Ein Beispiel: Anstatt «Ich spreche Deutsch» heisst es dann: «Ich kann Deutsch sprechen»).
  • Bauen Sie sich Eselsbrücken, um sich gewisse Ausdrücke zu merken.
  • Haben Sie sich die Grundlagen einer Sprache erarbeitet, braucht das weitere Lernen Struktur, insbesondere in Bezug auf die Grammatik: Orientieren Sie sich am European Framework of Reference for Languages (CEFR) und streben Sie mindestens A2, wenn nicht B1 an.
  • Planen Sie einen Sprachaufenthalt im betreffenden Land erst, wenn Sie Konversationen führen können. Sonst ist die Gefahr gross, sich vor allem mit Landsleuten zu umgeben.

In jedem Fall gilt: Ohne Fleiss kein Preis. Wer mit Benny Lewis’ Methoden innert dreier Monate grosse Fortschritte erzielen will, kommt nicht darum herum, in dieser Zeit jeden Tag zwei Stunden zu investieren. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit gross, schnell ein Niveau zu erreichen, bei dem es Spass macht, die Kenntnisse weiter zu verfeinern anstatt das neue Wissen verkümmern zu lassen.

Voraussetzungen ist auf jeden Fall, eine grosse Begeisterung für die betreffende Sprache mitzubringen. Aus karrieretechnischen Überlegungen alleine dürfte es schwierig werden, sich durchzubeissen. Die digitalen Helfer, die den spielerischen Erwerb von Sprachkenntnissen fördern, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nachhaltiges Sprachen lernen mit grossem Aufwand verbunden ist. Es ist aber keine Frage des Preises: Entscheidend ist der Aufwand, den man investiert, und nicht, wie exklusiv der Sprachkurs ist. Generell empfiehlt Benny Lewis, sich auf ein Produkt zu konzentrieren und dafür rasch mit Sprechen zu beginnen. All die Sprachlerndienste im Web und als App sind dabei eine grosse Hilfe:
  • Duolingo: Eine Sprachlernplattform, die vom Schweizer Severin Hacker entwickelt worden ist und weltweit grosse Erfolge feiert. Sie ermöglicht es, interaktiv zu schreiben, zu sprechen und zu übersetzen, jeweils auf das eigene Niveau zugeschnitten.
  • Vokabeln büffeln mit Karteikarten-Apps: «Ankiapp» zum Beispiel präsentiert dem User jene Wörter häufiger, die noch nicht sitzen.
  • Multilingual.de: konzentriert sich auf Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch und setzt kein Nutzerprofil voraus. Die Fortschritte können online mittels Multiple-Choice-Test geprüft werden.
  • Babelyou.com: Diese Plattform setzt auf Sprach-Videochats und Videos mit Alltagssituationen und Übungen. Für den Videochat ist eine vorherige Registrierung notwendig, nicht aber für die Sprachlernvideos.

Benny Lewis hat noch keine Sekunde bereut, so viel Zeit in das Erlernen von Sprachen zu stecken. «Meine Vertrautheit mit den Sprachen gibt mir auch die Freiheit, auf Reisen mit allen Menschen zu sprechen. Das hat mir völlig neue Welten eröffnet.»

www.fluentin3months.com

Fotoquelle: Thinkstock