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Auf das Herz gehört

Veröffentlicht am 25.10.2018 von Manuela Specker - Bildquelle: Thinkstock
Auf das Herz gehört

Wie werde ich, was ich bin? Der Schriftsteller Donat Blum über die berufliche Sinnsuche.

Als Donat Blum Anfang 20 war, hatte er eine Szene vor Augen, die ihn seither nicht mehr loslässt: Wie er als alter Mann alleine mit einem Dackel spazieren geht. „Ich möchte wissen, dass ich auch alleine glücklich sein kann. Dann bin ich frei“, so der 32-Jährige, der mit „Opoe“ soeben seinen ersten Roman in einem renommierten Verlag veröffentlicht hat.  Und sich nun so frei fühlt wie noch nie.  Konsequent ist der Schaffhauser seinen Weg gegangen anstatt äusseren Erwartungen entsprechen zu wollen.

Nach der Matura waren alle Absolventinnen und Absolventen angehalten, ihren Berufswunsch zu nennen. Der einzige, der nicht mitmachen wollte? Donat Blum. Weil er am Ende doch musste, gab er „Lokomotivführer“ an, derweil die anderen auf typische Berufe setzten, die akademischen Background erfordern. „Ich hatte tatsächlich keinen Berufswunsch, sondern wollte ein Zwischenjahr einlegen und verschiedene Sachen ausprobieren“. Ein Vorgehen, das zunehmend auch Laufbahnberatende empfehlen. Allzu oft landen die Suchenden in vorgespurten Wegen, oder sie hören nicht auf ihr Herz, sondern auf die vermeintlichen Karriere- bzw. Lohnaussichten.

Was ist Fiktion, was ist real?
Nicht so Donat Blum, der allerdings damals, gleich nach der Matura, nicht einmal im Traum daran dachte, ein Buch zu schreiben und in der Literaturszene sein Geld zu verdienen. Schriftsteller sein ist schliesslich kein Berufsentscheid, den man einfach so fällt. Schreiben war für ihn auch nie Mittel zum Zweck, sondern erfolgte aus einem inneren Drang heraus. Ihm nahestehenden Menschen war schon immer klar: Er dreht sein eigenes Ding und lässt sich in kein Schema pressen. Nicht einmal in der Literaturszene, wo er gewisse Konventionen oder vorherrschende Ansichten gerne ignoriert. So nennt er in seinem Buch den Protagonisten „Donat“, das Werk ist ganz offensichtlich in seiner gelebten Wirklichkeit verankert, aber was ist Fiktion, was ist real? Der Autor irritiert mit diesem Spiel, das nicht einmal seine beiden Schwestern ganz durchblicken. Und er fasziniert mit seiner dichten Sprache. Kein Satz zu viel, denn ins Buch schaffen sollte nur, was ihn berührt, was in ihm verankert ist, auch nach dem hundertsten Mal lesen.

Donat Blum gehört zur Schriftsteller-Generation, die am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel ihren Feinschliff erhielt. An den Tag der offenen Tür im Jahr 2011 wollte er zuerst gar nicht hin. Doch er raffte sich an jenem Morgen auf, auch auf Anraten seines Partners hin. Und von da an war es um ihm geschehen. Er, der prägende Gedanken schon immer schriftlich festhalten musste, war fasziniert von diesem Umfeld, an dem um Sätze gerungen und über Texte diskutiert wird. Am Literaturinstitut hatte er die Schweizer Schriftstellerin Ruth Schweikert als Mentorin zur Seite. Die Ausbildung verbesserte nicht nur sein Handwerk, sondern öffnete ihm ein Netzwerk, das gerade auch im Literaturbetrieb eine wichtige Rolle spielt.

Vom Tellerwäscher zum Schriftsteller
Kurz auf den Punkt gebracht lautet Donat Blums berufliche Entwicklung: Vom Tellerwäscher zum Schriftsteller. Das ist keinem Klischee-Roman entsprungen. Während er noch an der Universität Bern studierte, leitete er mit drei anderen eine Geschirrvermietung und wusch dort vorallem Teller ab. Er absolvierte den Bachelor in Interreligiösen Studien, „aber ich wollte mir eigentlich nur beweisen, dass ich ‘akademisch’ kann.“ Den Studiengang wählte Donat Blum aber nicht zufällig. „Sich mit Religion zu beschäftigen, ermöglicht es, sich mit dem Innern des Menschen zu beschäftigen. Das ziemliche Gegenteil vom ökonomischen Effizienzdenken.“ Als Schriftsteller macht er nichts anderes. „Literatur ist eine langsame Kunst, sie erfordert genaues Hinblicken und Hineinhorchen.“ Was einmal mehr beweist: der rote Faden in einem beruflichen Lebensweg darf nicht nur in der äusseren Hülle gesucht werden, sondern auch in den Inhalten, denen sich jemand hingibt. Von der Schriftstellerei alleine kann Donat Blum nicht leben. Er schreibt Kolumnen für Zeitungen, moderiert Literaturveranstaltungen oder stellt selber welche auf die Beine. Es ist für ihn die optimale Kombination. „Man muss vorallem sich selber gut kennen lernen, um seinen richtigen Platz in der Berufswelt zu finden“, so Donat Blum.

Buchhinweis: Donat Blum: Opoe. Verlag Ullstein 2018