Der berufliche Aufstieg setzt oft voraus, die richtigen Leuten zu kennen – eine Falle für Frauen.
Wer eine steile Karriere machen und es bis ins Management schaffen möchte, ist auf entsprechende Kontakte angewiesen. Der Leistungsausweis ist selten alleine ausschlaggebend, in diesen Sphären erst recht nicht. Doch ausgerechnet Frauen, die in hohen Führungspositionen nach wie vor stark untervertreten sind, haben es besonders schwer, erfolgreich zu netzwerken. In reinen Frauennetzwerken beispielsweise fehlt es an einer genügend hohen Anzahl sogenannter Alpha-Mitglieder; an Frauen in Führungspositionen also, die bereits eine einflussreiche Position innehaben. Hinzu kommt die oft fehlende Verbindung in das Management, wenn das Netzwerk an der Basis entstanden ist. Damit solche Netzwerke, die innerhalb des Unternehmens gegründet werden, überhaupt eine Wirkung entfalten können und keine reine Alibi-Übung bleiben, ist es zwingend auf Fürsprecher aus der Führungsriege angewiesen.
Wenn Männer unter sich bleiben
Zwei Professorinnen von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, einer privaten Wirtschaftsuniversität in Hessen, haben knapp 40 deutsche hochrangige Managerinnen interviewt, um zu ergründen, warum Frauen weniger effektiv Netzwerke bilden als Männer. Allgemein bekannt ist, dass Frauen in der Tendenz nicht nur weniger Kontakte knüpfen, sondern sich auch an weniger einflussreichen Kontakten orientieren – was wiederum nicht getrennt von der Tatsache betrachtet werden kann, dass Frauen nach wie vor in einflussreichen Positionen stark untervertreten sind. Entsprechend haben sie schwer Zugang zu etablierten informelle Männernetzwerken, wo sie – gerade als Einzelfigur in einer Führungsposition – oft aussen vor bleiben. Hinzu kommt, dass Frauen, die es bis ganz nach oben geschafft haben, nicht zwingend andere Frauen fördern, gerade weil sie sich auch auf eigene Faust in einem männerdominierten Umfeld durchsetzen mussten.
Die Umfrage der beiden Professorinnen fügt dem strukturell bedingten Ausschluss von Frauen aus Machtnetzwerken eine weitere Dimension hinzu: Die Hemmungen vieler Frauen, soziale Beziehungen für eigenen Karriereziele zu instrumentalisieren – sie denken, dass es sich nicht gehört, soziale Beziehungen für eigene Zwecke auszunutzen. Das sind Bedenken notabene, die Männer genauso ereilen kann. Die Situation der Frauen ist so gesehen eine Mischung von den nach wie vor grossen Hürden in der Schweiz, Beruf und Familie zu verbinden, und der Tendenz vieler Frauen, zu bescheiden zu sein.
Falsche Zurückhaltung ablegen
Denn die Studienleiterinnen führen die Zurückhaltung vor allem auf zwei Gründe zurück: Zum einen sei es Frauen oft unangenehm, von einseitigen Vorteile aus Netzwerkbeziehungen zu profitieren, zum anderen tendieren sie dazu, sich im beruflichen Kontext zu unterschätzen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Frauen sehr bedacht darauf sind, nicht mehr als Vorteil aus Netzwerken herauszuziehen, als sie nach eigener Selbsteinschätzung im Gegenzug einbringen können“, so die Autorinnen. Die Untersuchung belege, dass viele Männer ihre Netzwerke verstärkt utilitaristisch angehen würden und Frauen im Vergleich eher einen sozialen Ansatz verfolgen.
Da die Karriereregeln nun mal so sind, wie sie sind, empfehlen die Studienautorinnen mehr Selbstbewusstsein: „Frauen sollten sich zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere bewusst sein, dass die Tendenz, ihren Wert zu unterschätzen, für Unternehmen und professionelle Netzwerke konträr zur aktuell hohen Nachfrage nach qualifizierten Frauen ist.“ Vielversprechend sind in der Schweiz Initiativen wie die Vereinigung „Advance – Women in Business“, die sich explizit nicht als reines Frauennetzwerk versteht, sondern einflussreiche Unternehmen an Bord hat. „Advance“ wurde 2013 von der damaligen Ikea-Chefin Simona Scarpaleggia mitinitiiert mit dem Ziel, den Frauenanteil in obersten Führungsgremien zu erhöhen. Es bewegt sich tatsächlich etwas, wenn auch im Schneckentempo: Gemäss dem aktuellen Schilling-Report beträgt der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen schweizweit mittlerweile 9 Prozent, bei SMI-Konzernen sind es 10 Prozent. Frauen sind gut beraten, wenn sie sich an die Worte von Simona Scarpaleggia halten – erst recht, da sie, gerade wenn sie Kinder haben, in ihrem Karriereverlauf noch immer strukturellen Benachteiligungen ausgesetzt sind: Wenn man kein Netzwerk hat, nützt der beste Leistungsausweis nichts. Denn man wird man schlicht nicht gesehen und nicht wahrgenommen.