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4-Ohren-Modell: Anleitung zum besseren Zuhören

Veröffentlicht am 01.03.2021
4-Ohren-Modell: Anleitung zum besseren Zuhören
Ob im Job oder im Privatleben: Menschen reden ständig aneinander vorbei. Das 4-Ohren-Modell des Psychologen und Kommunikationsforschers F. Schulz von Thun zeigt auf, warum das so ist - und wie wir lernen können, einander besser zu verstehen. 
Das 4-Ohren-Modell im Überblick 
Schulz von Thun zählt zu den Pionieren der Kommunikationsforschung. Der Kerngedanke seines 4-Ohren-Modells ist: Jede Nachricht hat mehrere Bedeutungsebenen. Entsprechend senden wir mehrere Botschaften zur gleichen Zeit aus, wenn wir anderen etwas mitteilen. Umgekehrt kann auch der Empfänger verschiedene Botschaften aus unserer Nachricht heraushören. Was der Empfänger versteht, muss nicht zwangsläufig dem entsprechen, was der Sprecher oder Sender gemeint hat. 
 
Konkret hat Schulz von Thun vier Ebenen definiert, auf denen sich Nachrichten verstehen lassen: 
 
1. Sachebene 
Hier geht es ausschliesslich um Daten und Fakten, um die sachliche Information, die mitgeteilt wird. Diese Ebene ist scheinbar objektiv und lässt wenig Interpretationsspielraum offen. Der Empfänger kann sich lediglich fragen, ob die Information richtig oder falsch, relevant oder irrelevant bzw. vollständig oder unvollständig ist. 
 
2. Selbstoffenbarung 
Wer kommuniziert, verrät immer auch etwas über sich selbst - seien es Gefühle, Wertvorstellungen oder Bedürfnisse. Dem Sender der Botschaft muss das nicht immer bewusst sein. Denn die Ich-Botschaft verbirgt sich oft hinter Wortwahl, Tonfall, Mimik oder bestimmten Gesten. Auch der Empfänger nimmt diese Ebene oft nur unterschwellig wahr. 
 
3. Beziehungsebene 
Jede Nachricht sagt zugleich etwas über die Beziehung aus, in der Sender und Empfänger zueinanderstehen. Sie kann sehr von der Vorgeschichte abhängen. Oft drückt sich diese Ebene nonverbal aus, beispielsweise durch ein Lächeln oder durch die Körpersprache. Auf der Seite des Empfängers stellt sich die Frage: Mag mich die andere Person oder weist sie mich gerade ab? Steckt in ihren Worten Wertschätzung oder Kritik? 
 
4. Appell 
Auf dieser Ebene teilt der Sender mit, was er vom Empfänger möchte. Nicht immer ist das ein eindeutiger Befehl. Oft verbergen sich Wünsche, Bitten oder Ratschläge indirekt hinter einer Sachinformation. Der Empfänger steht vor der Entscheidung, ob er dem Appell nachkommen soll oder nicht. 
 
4 Ebenen bieten viel Raum für Missverständnisse 
Ob bewusst oder unbewusst, wir sprechen also immer auf vier Ebenen und hören mit vier Ohren zugleich. Das Entscheidende ist nun: Oft steht für den Sender eine ganz andere Ebene im Vordergrund als für den Empfänger. Beispielsweise möchte jemand etwas über sich selbst mitteilen, während der andere dahinter einen Appell vermutet. So können rasch Missverständnisse und Konflikte entstehen. 
 
4-Ohren-Modell: Beispiel im Job 
Um dieses Konfliktpotential zu verdeutlichen, stellen Sie sich doch folgende Situation vor: Lisa kommt ins Büro, ihr Kollege Markus sagt: "Es ist kein Kaffee mehr da." Auf den vier Ebenen des Kommunikationsmodells könnte Markus damit meinen: 
1. Sachebene: Es gibt keinen Kaffee mehr. 
2. Selbstoffenbarung: Ich würde gerne Kaffee trinken. 
3. Beziehungsebene: Es wäre schön, gemeinsam Kaffee zu trinken. 
4. Appell: Kannst du nachsehen, ob noch irgendwo Kaffee da ist? 
 
Lisa dagegen könnte Folgendes hören: 
1. Sachebene: Er sagt, es gibt keinen Kaffee mehr. 
2. Selbstoffenbarung: Er ist schlecht gelaunt und nörgelt herum. 
3. Beziehungsebene: Er will mich zu seiner Sekretärin machen. 
4. Appell: Er möchte, dass ich Kaffee kaufe. 
 
Durch achtsame Kommunikation Konflikten vorbeugen 
Absolut vermeiden lassen sich Missverständnisse nie, denn jede Nachricht bietet einen gewissen Interpretationsspielraum. Wer sich die vier Ebenen des Kommunikationsmodells bewusst macht, kann aber lernen, Informationen besser einzuordnen. Aktives Zuhören mit allen vier Ohren ist der erste Schritt, um Konflikte zu vermeiden. Und: Wer kommuniziert, sollte unbedingt auf eine präzise, klare Ausdrucksweise achten. Es ist besser, Bitten, Appelle oder Kritik offen zu formulieren anstatt versteckt hinter anderen Botschaften. Und wenn Sie unsicher sind, ob Sie richtig verstanden wurden oder den anderen richtig verstehen: Fragen Sie doch direkt nach! Das hilft enorm, um Missverständnisse und daraus resultierende Konflikte zu vermeiden.