Ob in der Teamentwicklung oder bei der Personalwahl: Firmen nehme gerne Persönlichkeitstests zur Hilfe, welche die Mitarbeitenden nach Farben typologisieren. Was bringt diese Methode?
Von Manuela Specker
Ein bisschen sonderbar mutet es ja schon an: Bodenständige Firmen, die sich normalerweise an Messbarem orientieren, setzen bei Potentialanalysen, Teamentwicklung oder in der Rekrutierung auch auf Farbtests, die wissenschaftlich nicht fundiert sind. Unter anderem werden anhand von vier Farben Persönlichkeit- und Präferenzprofile erstellt.
Zu den Kritikern an vorderster Front gehört der Diagnostik-Experte Reinhold Jäger, der bereits vor zehn Jahren konstatierte, dass das Verfahren auf theoretisch veralteten und wissenschaftlich ungesicherten Modellen basiere. Von einem Einsatz solcher und ähnlicher Verfahren bei der Personalauswahl und -entwicklung oder im Coaching könne er deshalb nur abraten.
Dass diese Art von Tests trotzdem Verwendung finden, liegt daran, dass damit die Komplexität, die das menschliche Wesen und seine Verhaltensweisen ausmachen, auf einen einfachen Nenner gebracht werden kann. Darin liegen durchaus Vorteile. So sensibilisieren derartige Tests dafür, dass Menschen unterschiedlich ticken und die Dinge aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten. So manche Konflikte und Reibereien könnten vermieden oder zumindest konstruktiv angegangen werden, wenn sich die Betroffenen dieser Unterschiede bewusst wären. Blaue Typen zum Beispiel gelten als strukturiert und gewissenhaft, während den roten Typen vor allem Dominanz und Durchsetzungsfähigkeit zugeschrieben wird (siehe Kasten).
Werden die Tests unreflektiert angewandt, bergen sie aber auch Gefahren. Zum Beispiel jene der Schubladisierung; wenn also alle Meinungsverschiedenheiten auf den jeweiligen Farbentyp abgeschoben werden. Das impliziert immer auch Unveränderbarkeit. „Mit Persönlichkeitstests werden Menschen möglicherweise gegen ihre Entwicklungswünsche festgelegt“, so der Psychologe und Berater Gerald Petersen. Er spricht von schematischem Verhalten: Wenn Mitarbeitende damit beschäftigt seien, Personen zu kategorisieren, seien sie tendenziell weniger offen der Situation gegenüber. „Sie verhalten sich weniger flexibel und weniger angemessen.“
Eine der Hauptschwierigkeiten der Farbentypologie besteht darin, dass sie vielfältige Wesenszüge auf wenige Kategorien beschränkt, obwohl diese Wesenszüge eben immer auch von der Situation abhängen und unterschiedlich zum Ausdruck kommen. So besteht die Tendenz, die „Blauen“ als Denker und die „Grünen“ als Gefühlsmenschen zu bezeichnen – das entbehrt jeglicher empirischer Grundlage. Hinzu kommt eine Art selbsterfüllende Prophezeiung: „In ihren undifferenzierten und blumigen Beschreibungen findet sich in Typentests jeder wieder – eben wie beim Astrologen“, bringt es die Diplom-Psychologin und Autorin Bärbel Schwertfeger auf den Punkt.
Entscheidend ist letztlich, wofür die Testergebnisse verwendet werden. Geht es darum, Diskussionen in einem Team anzuregen, ist dieses Vorgehen tendenziell unproblematisch. Anders schaut es, wenn ein solcher Test, der die Persönlichkeiten nach Farben einordnet, in der Personalgewinnung oder Personalentwicklung zum Einsatz kommt. Laut Gerald Petersen sind Persönlichkeitstest für die Personalentwicklung eher nicht geeignet, da man bei dem Konzept „Persönlichkeit“ von zeitlich stabilen Eigenschaften ausgehe, während in der Personalentwicklung die Entwicklung, also die Veränderung, im Zentrum stehe. Für die Personalentwicklung empfiehlt Petersen verhaltensorientierte Instrumente. „Diese bilden veränderbares Verhalten ab, können Entwicklungswünsche konkretisieren und zur Veränderungsmessung eingesetzt werden.“
Die Farbentypologie
Blau
Der blaue Typ ist sehr strukturiert und gewissenhaft. Er denkt lieber einmal zu viel als zu wenig über eine Sache nach, und er möchte, dass alles nach Plan und fehlerfrei verläuft. Überraschungen und Spontaneität mag er nicht – lieber geht er besonnen und analytisch vor. Entscheide fällt er nicht unter Druck, sondern erst nach reiflicher Überlegung. Der blaue Typ ist oft anzutreffen in Berufen, die mit Zahlen zu tun haben.
Rot
Der rote Typ ist ein Machertyp und hat ein dominantes und durchsetzungsstarkes Auftreten – entsprechend oft ist er mit seiner bestimmenden und fordernden Art in Führungspositionen anzutreffen. Er orientiert sich gerne an Zielen und geht sehr ergebnisorientiert vor. Wer im Beruf mit solchen Menschen zu tun hat, sollte immer schnell auf den Punkt kommen. Denn Geduld ist nicht ihre Stärke.
Grün
Der grüne Typ hat es gern harmonisch. Er gilt als sehr verständnisvoll, mitfühlend und geduldig. Zur Hochform läuft er in einer Umgebung auf, in der man gegenseitig Rücksicht nimmt und sich unterstützt. Loyalität und Verlässlichkeit sind zwei seiner Haupteigenschaften. Im Gegenzug ist er nicht besonders durchsetzungsstark und schluckt Ärger lieber herunter als ihm Luft zu machen.
Gelb
Der gelbe Typ hat eine starke kreative Ader. Er ist offen für neue Idee und fängt schnell einmal Feuer und Flamme. Diese Begeisterung kann aber auch schnell nachlassen, wenn er anfängt, sich zu langweilen. Kontakte zu knüpfen fällt dem gelben Typen einfach. Er ist sehr initiativ und steckt mit seiner Begeisterungsfähigkeit andere an.
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