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Ein Unfall im Home Office - wer muss zahlen?

Veröffentlicht am 26.08.2021
Ein Unfall im Home Office - wer muss zahlen?
Stellen Sie sich einmal die folgende Situation vor:
Sie arbeiten im Home Office und unterbrechen Ihre Tätigkeit kurz, um sich aus der Küche eine Tasse Kaffee zu holen. Auf dem Weg zurück stürzen Sie und verletzen sich. Handelt es sich jetzt um einen Arbeitsunfall oder geht es um einen Privatunfall? Fragen wie diese stellen sich vermehrt. Mobiles Arbeiten und Home Office Tätigkeiten sind seit der Corona Krise weiterverbreitet und etablieren sich. Die gesetzlichen Regelungen zum Versicherungsschutz am Arbeitsort dürfen keinen Unterschied zwischen Ihrer Arbeit im Büro beim Arbeitgeber und im Home Office machen. Erfahren Sie hier, wann die gesetzliche Unfallversicherung im Home Office greift.
Grundsätzliches zur gesetzlichen Unfallversicherung
Erleiden Arbeitnehmer während Ihrer Arbeitszeit am Arbeitsplatz einen Unfall, tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Hier kommt es zunächst nicht auf den Arbeitsort an. Entscheidend ist, dass der Unfall im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ausgelöst wurde. Versichert ist auch der Weg zur Arbeit. Unfälle werden dabei allgemein als plötzliche, von aussen einwirkende und unfreiwillige, auf den Körper eintreffende Ereignisse definiert.
 
Versichert ist grundsätzlich jeder Arbeitnehmer in der Schweiz gegen Berufskrankheiten, Berufsunfälle und Nichtberufsunfälle, der mindestens 8 Stunden pro Woche für einen Arbeitgeber tätig ist. Wer weniger als 8 Stunden pro Woche für seinen Arbeitgeber arbeitet, ist nicht gegen Nichtberufsunfälle abgesichert. Der Versicherungsschutz, den der Schweizer Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährt, geht in der Schweiz weiter als in Deutschland der Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaften. In der Schweiz sind auch nicht Berufsunfälle wie Freizeitunfälle und Unfälle im Haus abgesichert.
 
In Deutschland unterfallen Freizeitunfälle nicht der gesetzlichen Unfallversicherung. Hier setzt eine Differenzierung beim Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Unfallereignis an. Man kann sich bei dieser Unterscheidung an typischen Fällen orientieren, die bereits einmal Gegenstand der Bewertung durch die gesetzliche Unfallversicherung waren.
 
Die Unfallversicherung übernimmt beim Arbeitsunfall die Kosten für ärztliche Behandlung, gegebenenfalls auch Rehamassnahmen und Folgekosten, die entstehen. Dazu können Rentenzahlungen gehören. Für die Bewertung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall spielt der Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit die entscheidende Rolle. Mitversichert sind beispielsweise der Gang zur Toilette und der Weg zur Mittagsversorgung. Die Aufnahme der Speisen selbst ist dagegen nicht mitversichert. Wenn Sie sich hier beispielsweise verschlucken oder verbrennen, handelt es sich um ein privates Unfallereignis.

Der Arbeitsunfall im Home Office
Grundsätzlich gelten im Home Office für die Bewertung als Arbeitsunfall die gleichen Kriterien wie bei der Tätigkeit im Büro des Arbeitgebers. Das bedeutet für Sie:
 
  • Mitversichert ist der Gang zur häuslichen Toilette.
  • Ebenso versichert ist der Weg in die Küche, um sich mit Mahlzeiten zu versorgen. Besuchen Sie zum Mittagessen im Home Office das Café um die Ecke, ist der Weg dorthin ebenfalls versichert.
  • Als Weg zur Arbeit gilt für das Home Office jetzt zum Beispiel auch der Rückweg von der Kita zurück ins heimische Büro. Der Weg hin zur Kita morgens wird ebenfalls dem Arbeitsweg zugerechnet.
 
Nicht versichert sind in Deutschland Tätigkeiten, die mit der Arbeitstätigkeit nichts zu tun haben. Sie verlassen kurz den Schreibtisch, um die Post aus dem Briefkasten draussen zu holen. Dabei knicken Sie um und erleiden einen Bänderriss. Die gesetzliche Unfallversicherung tritt nicht ein. Der Weg zum Briefkasten ist privat motiviert und hat nichts mit Ihrer Arbeitstätigkeit zu tun. Etwas anderes könnte im Einzelfall gelten, wenn Sie längere Zeit im Home Office arbeiten und Ihr Arbeitgeber Büropost über Ihren privaten Briefkasten abwickelt. Wenn Sie in einer Pause im Home Office Wäsche aufhängen oder den Müll heraustragen, greift kein Versicherungsschutz für einen Arbeitsunfall.
 
In der Schweiz sind grundsätzlich auch Nichtberufsunfälle von der Arbeitnehmerunfallversicherung durch den Arbeitgeber erfasst. Hier hatte sich nur im Zusammenhang mit der verstärkten Tätigkeit Home Office die Frage gestellt, ob das Home Office grundsätzlich eine Versicherungspflicht durch den Arbeitgeber auslösen kann. Die Arbeitstätigkeit im Home Office ist der Arbeitstätigkeit im Büro oder an einem anderen Arbeitsort dabei grundsätzlich gleichgestellt.
 
Nachweisfragen beim Arbeitsunfall im Home Office
In vielen Fällen haben Sie keine Zeugen für einen Unfall im Home Office. Die Situation ist etwas anders als im Büro, wo Ihre Kollegen und Kolleginnen Ihre Angaben zum Verlauf des Unfalls bestätigen können. Deshalb ist es bei einem Arbeitsunfall im Home Office besonders wichtig, zeitnah und ausführlich zu dokumentieren, was Ihnen, wann und wo in welchem Zusammenhang passiert ist. Hierzu eignen sich beispielsweise Fotos mit der Handy Kamera, Notizen und Ähnliches.