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Darf der neue beim alten Arbeitgeber Informationen über einen Mitarbeiter einholen?

Veröffentlicht am 27.01.2022
Darf der neue beim alten Arbeitgeber Informationen über einen Mitarbeiter einholen?
Ist ein Arbeitszeugnis nicht ganz klar formuliert, werfen der Lebenslauf oder das Motivationsschreiben Fragen auf, kann es passieren, dass der neue Arbeitgeber Referenzen früherer Arbeitgeber einholen möchte. Darf er das und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 
Was ist eine Referenzauskunft?

Aufgrund seines Lebenslaufs und des Motivationsschreibens scheint ein Bewerber interessant und passend. Doch Sie möchten vor dem Jobinterview mehr über den potenziellen Kandidaten erfahren? Vielleicht ist auch das Vorstellungsgespräch gut gelaufen, doch das letzte Arbeitszeugnis wirft einige Fragen auf? Da liegt es nahe, die Referenzauskunft des vorherigen Arbeitgebers einzuholen, um ein rundes Bild von diesem Bewerber zu erhalten. Mit diesem Wunsch bewegen Sie sich als Arbeitgeber auf dünnem Eis, denn sowohl der Gesetzgeber als auch der Bewerber selbst haben diesbezüglich ein Wörtchen mitzureden. Denn eine Referenzauskunft beinhaltet Angaben in Bezug auf die Leistung und das Verhalten eines Bewerbers.

Referenzen werden von Personen des ehemaligen Arbeitgebers eingeholt, wobei es sich um Auskünfte seitens der Personalabteilung, von Vorgesetzten, der Geschäftsleitung oder von Kollegen handeln kann. Umgekehrt steht es jedem Bewerber frei, seine Bewerbungsunterlagen durch Referenzen zu ergänzen, die massgeblich für die Jobentscheidung des neuen Arbeitgebers sein können. Referenzen von Familienmitgliedern oder Freunden eignen sich nur dann, wenn Sie als Bewerber tatsächlich mit ihnen zusammengearbeitet haben. Referenzen haben den Zweck, die Eignung des Bewerbers in Bezug auf den neuen Job zu klären. Deshalb sollten Referenzauskünfte nur aus dem unmittelbaren Umfeld des Bewerbers stammen und bezüglich des Inhalts dem von Stellenbeschreibungen in Kombination mit einem Zeugnis entsprechen.

Referenzauskünfte - was ist erlaubt, was nicht?

Damit Sie als Arbeitgeber Referenzauskünfte eines früheren Arbeitgebers einholen dürfen, brauchen Sie grundsätzlich die Einwilligung des Bewerbers.

- Hat dieser bereits in seinen Bewerbungsunterlagen Referenzen angegeben, gilt die Zustimmung als stillschweigend erteilt. Das bedeutet, dass Sie als neuer potenzieller Arbeitgeber die darin angegebenen Personen kontaktieren dürfen, ohne eine erneute Zustimmung des Bewerbers einzuholen.
- Hat der Bewerber keine Referenzen angegeben, und kontaktieren Sie ohne seine Zustimmung den früheren Arbeitgeber, verletzen Sie die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers. Das bedeutet, dass der Bewerber gegen Sie Rechtsansprüche nach dem Datenschutzgesetz (DSG) geltend machen und Sie auf Schadenersatz verklagen kann. Schadenersatzpflichtig sind Sie beispielsweise, wenn dem Bewerber der Nachweis gelingt, dass er aufgrund der nicht erlaubten Referenzauskunft den Job nicht bekommen hat.
- Umgekehrt darf ein möglicher Referenzgeber keine Referenzauskünfte erteilen, sofern die Erlaubnis des Bewerbers nicht vorliegt. Grund ist, dass der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht auch gegenüber einem früheren Arbeitnehmer hat und der beruflichen Schweigepflicht unterliegt. Verstösst der frühere Arbeitgeber gegen diese Grundsätze, muss er nach dem Datenschutzgesetz in Verbindung mit dem Strafgesetzbuch mit Konsequenzen rechnen.

Mögliche Inhalte der Referenzauskunft

Es stellt sich die Frage, welche Informationen der neue Arbeitgeber im Rahmen einer Referenzauskunft einholen darf. Grundsätzlich ist jeder Arbeitgeber nach Art. 328b OR (Obligationenrecht) verpflichtet, nur solche Informationen zu erheben und zu verarbeiten, die sich auf die Eignung des Bewerbers beziehen. Aus diesem Grund sollte sich die Referenzauskunft auch nur auf solche Fragen konzentrieren, die einen engen Bezug zu Arbeitszeugnissen oder dem Lebenslauf haben. Tabu sind hingegen Fragen zur Religionszugehörigkeit, zur politischen Einstellung, zu den familiären Umständen oder der sexuellen Orientierung. Gleiches gilt für Vorstrafen oder Erkrankungen es sei denn, dass diese Informationen massgeblich für die Berufsausübung sind.

Referenzauskunft: Diese Fragen sind erlaubt

Erlaubt sind Fragen, die die fachlichen Fähigkeiten, die Leistung und Motivation des Bewerbers betreffen. Gleiches gilt für Fragen zum Verhalten und zum Engagement sowie für allgemeine und klärende Fragen.

1. Beispiele für Fragen zu fachlichen Fähigkeiten, zu Motivation und Leistung: Wofür kann sich der Bewerber besonders begeistern? Wie ist seine Leistung insgesamt, ist sie durchgängig gut oder von Höhen und Tiefen geprägt? Kennt er sich besonders gut in einem bestimmten Aufgabenbereich aus?
2. Beispiele für Fragen zum Engagement und zum Verhalten: Ist der Bewerber teamfähig oder ein Einzelkämpfer? Wie geht er mit Fehlern beziehungsweise Niederlagen um? Verfügt er über Lernfähigkeit oder die Bereitschaft zur Weiterbildung?
3. Beispiele für allgemeine und klärende Fragen: Würden Sie den Bewerber noch einmal einstellen? Sie bescheinigen ihm im Arbeitszeugnis eine hohe Leistungsbereitschaft - gibt es dafür konkrete Beispiele?

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Sie sich, bevor Sie eine Referenzauskunft einholen, der Einwilligung des Bewerbers versichern sollten. Will der Bewerber keine Referenzen angeben, weil beispielsweise der aktuelle Arbeitgeber nichts von seinen Wechselabsichten weiss, dann sollten Sie sich in Bezug auf die Jobvergabe als guter Personaler auf die Fakten und auf Ihr Bauchgefühl verlassen.