Weshalb es sich lohnt, bei einem Jobwechsel genauer hinzuschauen und richtige Fragen zu stellen
- von Manuela Specker -
Elektronische Geräte, Flüge, Reise, Hotels: für alle möglichen Lebenslagen scheuen Interessenten keinen Aufwand, Vergleiche anzustellen und sich das Beste auszusuchen. Gemäss einer Umfrage des Karriereportals Monster werden hierzu knapp sieben Stunden pro Monat investiert. Präzise Job-Recherchen sind allerdings wenig beliebt – sie landeten auf einem der hinteren Plätze. Nur 39 Prozent vergleichen Stellenangebote. Beim Spitzenreiter, den elektronischen Geräten, sind es 74 Prozent.
Mit anderen Worten: wer sich eine neue Stelle sucht, gibt sich oft mit dem Erstbesten zufrieden. Das ist paradox. «Am Arbeitsplatz verbringen wir schliesslich einen Grossteil unseres Lebens», bringt es Bernd Kraft, Vice President General Manager bei Monster Deutschland GmbH, auf den Punkt. In eine ähnliche Richtung zielt René Grüter, Senior Partner der Beratungsfirma CTS Group: «Bei der Kaufentscheidung für technische Dinge wie zum Beispiel eine Stereoanlage oder ein Auto wird im Vorfeld die Passgenauigkeit sehr genau sondiert. Wenn es um einen selber geht, fehlt diese Eigeninitiative leider oft.»
Hinter dieser eigenartigen Prioritätensetzung stecken gleich mehrere Überlegungsfehler. Zum einen sind gerade ältere Generationen noch immer geprägt von der Haltung, dankbar sein zu müssen, überhaupt einen Job zu haben. Selbst bestens qualifizierte Mitarbeitende, die sich beruflich neu orientieren möchten, fürchten die Arbeitslosigkeit wie der Teufel das Weihwasser und nehmen aus Sicherheitsgründen das naheliegendste Jobangebot an, obwohl die Schweiz über eine der tiefsten Arbeitslosenquoten Europas verfügt.
Zum anderen ist die geringe Vergleichsbereitschaft bei den Jobs auch Ausdruck einer weitverbreiteten Haltung, wonach in allen Firmen irgendwo der Wurm drinsteckt und es sich ergo nicht lohnt, allzu viel Leidenschaft und Effort in die beruflichen Pläne zu stecken. So verwundert es nicht, dass mehr als 60 Prozent angeben, lediglich Dienst nach Vorschrift zu leisten, wie der jährliche Engagement-Index von Gallup zeigt. Wer einmal diesen Zustand erreicht hat, bringt kaum die Energie auf, sich mit den Vor- und Nachteilen eines neuen Jobs auseinanderzusetzen. Die Katze beisst sich sozusagen in den Schwanz.
Die geringe Vergleichsbereitschaft in Sachen Job und Beruf hat auch damit zu tun, dass viele denken, diese Bereiche liessen sich nur geringfügig im Vorfeld durchleuchten. Doch diese Überlegung ist falsch. Jobbewertungsportale wie Kununu können immerhin einen ersten Überblick verschaffen, wenn auch der Aussagegehalt zu vielen Firmen nach wie vor gering ist. Zudem ist es ein bisschen wie mit den Hotels: ob etwas gefällt oder nicht, hat viel mit eigenen Vorlieben und Verhaltensweisen zu tun.
Umso mehr lohnt es sich,nicht auf Pauschalurteile zu setzen, die eine Firma in Misskredit ziehen oder im Gegenteil sie über den Klee loben. Wie tickt der Vorgesetzte im potenziellen neuen Team? Welchen Umgang pflegen die neuen Kolleginnen und Kollegen? Ist selbstständiges Arbeiten möglich, oder muss man im Extremfall jeden Schritt rapportieren? Stimmen die eigenen Werthaltungen mit jenen der Firma überein? Nicht nur der Arbeitsinhalt an und für sich, sondern solche weichen Faktoren bestimmen mit, ob man sich am neuen Ort zu seiner eigenen Zufriedenheit entwickeln kann.
Für die entsprechenden Fragen sind nicht Firmenbroschüren die richtige Auskunftsquelle, sondern Menschen, die dort arbeiten oder gearbeitet haben. Wer nicht über ein entsprechendes Netzwerk verfügt, den bringt ein «Schnuppertag» weiter. Dieser scheint zwar aus der Mode gekommen zu sein, doch macht es bei der Firma einen guten Eindruck, wenn der Interessent auf eigene Initiative einen solchen Tag vereinbart.
Immerhin beobachten Arbeitsmarktexperten zunehmend, dass Jüngere, die erfolgreich den Einstieg in das Arbeitsleben geschafft und sich die ersten Sporen abverdient haben, selbstbewusster auftreten. Es handelt sich um die sogenannte Generation Y, die – obwohl ein Konstrukt – darauf hindeutet, dass manche Bewerber dazu übergehen, beim Job genauso wählerisch zu sein wie beim neusten elektronischen Gadget.
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