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Gefährliche Fragen

Veröffentlicht am 06.11.2016
Gefährliche Fragen
Die sechs besten Antworten, um in einem Vorstellungsgespräch nicht in Fettnäpfchen zu treten.   Bewerbungsgespräche sind wie ein Wettbewerb. Personalverantwortliche tun alles, um Schwächen aufzudecken. So wappnen Sie sich dagegen.   Von Martin Wehrle*
Setzen Sie alles daran, Schwächen zu verbergen, und rücken Sie stattdessen Ihre Leistung ins beste Licht? Sie müssen deshalb kein schlechtes Gewissen haben, denn Firmen tun dasselbe. Oder haben Sie je in einer Stellenausschreibung gelesen: „Unternehmen, das kurz vor der Pleite steht, sucht …“? Das schreibt keine Firma. Auch wenn es stimmen würde.
Nachfolgend die sechs gefährlichsten Fragen im Vorstellungsgespräch (obwohl sie harmlos wirken!) – und wie Sie die Fettnäpfchen mit einer pfiffigen Antwort-Strategie umgehen.
 
1. Welche Weiterbildungen haben Sie in den letzten Jahren besucht?
Wenn Sie die Kurse nur so runterrattern, denkt Ihr Gesprächspartner: Offenbar ziehen Sie Seminare der Arbeit vor. Sie kosten also Geld, statt welches zu bringen. Wenn Sie nie eine Weiterbildung absolviert haben, fragt er sich: Ist Ihr Wissen auf dem neusten Stand? Wie flexibel sind Sie?
Antwortstrategie: Falls Sie oft in einer Weiterbildung steckten: Stellen Sie das als gängige Personalentwicklung in Ihrem alten Unternehmen dar. Und machen Sie anschaulich, wie Sie Ihr Wissen in der neuen Position einbringen könnten.
Falls Sie kaum auf Fortbildung waren: Heben Sie durch Beispiele hervor, dass Sie sich in Ihrer Freizeit autodidaktisch weitergebildet haben. Das spricht für eine hohe Motivation (und hat die Firma keinen Rappen gekostet).
 
2. Warum haben Sie so häufig / selten Ihren Arbeitsplatz gewechselt?
Wechsel-Muffel stehen im Verdacht, dass sie auch sonst unflexible Menschen sind. Dabei würde der jetzige Wechsel Flexibilität erfordern! Dauer-Wechsler scheint es an innerer Motivation und Ausdauer zu fehlen – und der neue Chef hat keine Lust, sie durch ständige „Bravo“-Rufe bei Laune zu halten.
Antwortstrategie: Als Wechsel-Muffel machen Sie deutlich: Sie haben intern immer wieder neue Herausforderungen gefunden. Motto: In der Firma geblieben, aber nicht auf der Stelle getreten. Auch wollten Sie Ihre alten Arbeitgeber um keinen Preis ziehen lassen. Als Dauer-Wechsler unterstreichen Sie Ihre häufig bewiesene Qualität, sich blitzschnell einzuarbeiten – und erklären, weshalb diese Position für sie eine langfristige Herausforderung ist („Hier kann ich meine Fähigkeit ideal einbringen, zum Beispiel …“).
 
3. Was könnte Ihr jetziger Chef nach Meinung Ihrer Kollegen besser machen?
Diese (projektive) Frage lockt Sie in einen Hinterhalt! Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden Sie Ihre eigene Meinung in fremde Münder legen. Jede Kritik an Ihrem alten Chef ist für den neuen ein Warnsignal. Denn so würden Sie, fürchtet er, auch über ihn sprechen.
Antwortstrategie: Antworten Sie offensiv: „Für die Kollegen kann ich nicht sprechen. Ich präsentiere meine Verbesserungsvorschläge dem Chef offen – und er greift Sie oft dankbar auf. So habe ich neulich...“ Dem Chef wird klar: Sie flüstern nicht hinterm Rücken über Ihren Chef  - sondern Sie bringen ihn konstruktiv voran! Genau das wünscht er sich.
 
4. Was wollen Sie in fünf Jahren erreicht haben?
Ihr Gesprächspartner möchte prüfen, ob die Firma nur ein Sprungbrett für Ihren nächsten Wechsel wäre. Vielleicht wollen Sie „eine Entwicklungsabteilung leiten“, aber in dieser Firma ist keine solche Position in Aussicht (oder Sie müssten dazu gar am Stuhl des Chefs sägen!). Völlige Ambitionsarmut („Ich bin mit dem Erreichten zufrieden“) spräche ebenfalls gegen Sie: Wollen Sie nur die Rente abwarten?
Antwortstrategie: Falls die neue Position keine Aufstiegschance bietet: Beschreiben Sie, wie Sie Ihr Fachwissen im Sinne der Firma perfektionieren wollen. Falls ein Aufstieg möglich scheint: Bekennen Sie, dass Sie auf mittlere Sicht mehr Verantwortung übernehmen wollen. Intelligente Gegenfrage: „Welche Aufstiegschancen können Sie mir bieten?“
 
5. Worauf sind Sie in Ihrem Leben besonders stolz?
Die Antwort verrät, wo Sie Ihre Prioritäten sehen: Im Privatleben („Auf meinen Sohn!“) – oder im Beruf („Auf meine letzte Beförderung!“). Auch spricht es Bände, ob Sie eine Einzel- oder eine Teamleistung nennen.
Antwortstrategie: Nennen Sie Erfolge im Beruf – möglichst solche, die an Ihrem neuen Arbeitsplatz ebenso erwünscht wären. Falls ausdrücklich ein Teamplayer gesucht wird, sollten Sie einen Mannschaftserfolg nennen („Wir haben mit unserer Projektgruppe...“).
 
6. Was sind Ihre grössten Stärken / Schwächen?
Vielleicht nennen Sie eine Stärke, die gar nicht zur Aufgabe passt. Was hilft es, dass Sie ein kreativer Kopf sind, wenn nur ein Verwalter gesucht wird? Wenn Ihnen keine Schwäche einfallen will, schliesst Ihr Gesprächspartner auf Selbstüberschätzung. Oder Mangel an Ehrlichkeit.
Antwortstrategie: Nennen Sie unbedingt eine Stärke, die zur neuen Aufgabe passt – zum Beispiel Organisationstalent, falls Sie einen Arbeitsbereich umstrukturieren sollen. Bei der Schwäche verfahren Sie umgekehrt. Was kümmert Ihren künftigen Chef mangelndes Englisch, falls die Firma nur national operiert?

* Der Erfolgsautor Martin Wehrle gilt als Deutschlands bekanntester Karrierecoach. In der Schweiz ist er als unterhaltsamer Vortragsredner bekannt, u. a. zu Führungskultur und Frauenförderung. Kontakt über: www.wehrle-redner.de

Bildquelle: Thinkstock