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Ab ins Ungewisse

Veröffentlicht am 17.03.2018 von Manuela Specker
Ab ins Ungewisse
Den Job aufgeben, ohne eine Alternative zu haben? Manchmal gibt es gute Gründe, ins Blaue hinaus zu kündigen.
 
Zugegeben, es braucht Mut. Entsprechend erntet viel Bewunderung, wer die Kündigung einreicht, ohne eine Aussicht auf eine neue Stelle zu haben. Aber manchmal ist exakt dieser radikale Schritt notwendig, damit sich überhaupt etwas verändert. Zum Beispiel, weil es der strenge Arbeitsalltag gar nicht zulässt, sich um einen neuen Job zu kümmern. Wer zu lange in dieser Situation verharrt, macht sich keinen Gefallen: Es kommt vor, dass unzufriedene Mitarbeitende sich über Jahre hinweg beklagen, immer frustrierter bis hin zu zynisch werden – und am Ende fehlt ihnen die Kraft, eine Veränderung anzupacken, weil sie in ihrer Passivität erst recht nicht mehr daran glauben, in einem anderen Unternehmen Fuss fassen zu können. Oder weil sie gesundheitlich stark angeschlagen sind. Es ist ein Teufelskreis.
Laut dem jährlich erhobenen Engagement-Index des Marktforschungsunternehmens Gallup haben rund 15 Prozent aller Mitarbeitenden innerlich gekündigt. Auch das Schweizer Marktforschungsunternehmen TransferPlus ermittelt jedes Jahr den Zustand der Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Die Zahlen aus 2017 zeigen: 10 Prozent gehören zu den „fixiert Unzufriedenen“. Das sind laut Kategorisierung jene, die ratlos sind, wie sie ihre Situation verändern können. Und so verharren sie in ihrer beruflichen Situation. Aus Angst vor dem Neuen? Aus purer Bequemlichkeit? Oder aus der Befürchtung heraus, die eigenen Qualifikationen seien auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt?
Die Erfahrung allerdings zeigt, dass das Risiko, ins Blaue hinaus zu kündigen, oft grösser eingeschätzt wird, als es tatsächlich ist. Wie oft schon haben sich jenen, die es gewagt haben, Perspektiven eröffnet, an die sie nicht einmal im Traum dachten! Klar ist hingegen auch, dass es Angestellte, die nur für sich selber schauen, einfacher haben als jene, die alleine für den Unterhalt einer Familie zuständig sind. Aber zumindest bei Doppelverdienern besteht vielleicht die Möglichkeit, zeitweise auch mit nur einem Lohn auszukommen? Oder es ist Erspartes vorhanden, von dem es sich eine Zeit lang leben lässt? Wer von sich aus kündigt, hat nicht sofort Anspruch auf Arbeitslosengelder. Und vor allem muss man sich nachweislich um einen neuen Job bemühen.
Aber wenn die Gedanken ewig um Geldfragen und um Absicherung kreisen, verlässt die Betroffenen schnell der Mut. Wer nicht zu den risikoliebenden Menschen gehört, kann sich den Schritt ins Ungewisse vereinfachen, wenn er sich einen Plan zurechtlegt – anstatt kopflos nach dem Motto „nichts wie weg“ zu handeln. Sollen die ersten Wochen oder Monate genutzt werden, um erst einmal Abstand zu gewinnen, zum Beispiel mit einer Reise oder einem Sprachaufenthalt? Oder will man sich gleich um neue Jobs bewerben? Oder die eigene Selbstständigkeit vorbereiten?
Wie auch immer: die Mutigen, die sich auf den ungewissen Pfad begeben, haben den grossen Vorteil, in einem Unternehmen sofort einsetzbar zu sein. Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind Stellvertretungen, für die sie sich aufgrund ihrer flexiblen Situation besonders gut eignen. Einmal zu Ende gedacht, ergeben sich oft mehr Optionen, die im festen, unbefriedigenden Anstellungsverhältnis noch nicht im Blickfeld waren. So manche Tür öffnet sich erst dann, wenn eine andere zugeht. 
Mutmacher par excellence ist die Erkenntnis, dass Menschen, die ihr Leben selber in die Hand nehmen und sich aktiv um ihre berufliche Zukunft kümmern, langfristig zufriedener sind als jene, die einfach alles geschehen lassen und auf den Zufall hoffen. Die Komfortzone zu verlassen, zahlt sich langfristig aus.
 
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