Immer wieder wird diskutiert, ob ein Praktikum nicht in Wahrheit ein „ordentliches“ Arbeitsverhältnis sein müsste. Die „Generation Praktikum“ aus ihrem Prekariat zu befreien, ist bisher aber nicht gelungen.
Die Erwartungen, die junge Menschen an ihr Praktikum haben, sind hoch: ein rasches, intensives Eintauchen in die gewählte Materie samt dem Erwerb einer umfassenden beruflichen Praxis. Und dass sich idealer Weise ein langfristiger Job daraus ergibt.
Auf Seiten des Anbieters wiederum wird ein ernsthaftes Interesse des Praktikanten an der angebotenen Tätigkeit erwartet – und eine entsprechende Einsatzfreude. Wer sich als besonderes Talent entpuppt, kommt dann eventuell als Kandidatin oder Kandidat für eine Anstellung in Frage.
Dabei liegt auf der Hand, dass die erbrachte Arbeit auch entlohnt werden sollte. Von Gehältern, die der erbrachten Leistung entsprechen, sind Praktikumsstellen aber oft weit entfernt. Und noch mehr: Seit der Jahrtausendwende hat sich eine Bezeichnung eingebürgert, die den oft jahrelang andauernden Weg junger Menschen von einem Praktikum zum nächsten und zum übernächsten beschreibt. Es handelt sich um den Begriff der „Generation Praktikum“.
Zukunftsängste und Überlastung
Das Leiden dieser Generation drückt sich auf verschiedene Weise aus. Erstens dadurch, dass die Betroffenen zwar beruflich immer gut ausgelastet sind, jedoch gleichzeitig einen Mangel an Beständigkeit erleben. Weiters haben sie aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation oft Probleme, sich ein eigenständiges und sorgenfreies Leben aufzubauen. Und darüber hinaus haben sie andauernd mit einer gewissen Zukunftsangst zu kämpfen, da weder Rücklagen gebildet werden, noch eine Pensionsvorsorge gewährleistet ist. Dass daraus eine Überlastung resultiert, wird niemanden verwundern.
Dem Praktika-Problem versuchte sich die Grüne Fraktion im Nationalrat bereits vor längerer Zeit anzunehmen. Nämlich mit der Frage, ob mancher Praktikant aufgrund seiner Fähigkeiten – vor allem aber der täglichen Arbeiten – nicht eigentlich als Angestellter gelten müsste. Ende 2016 wurde eine entsprechende Untersuchung darüber gefordert, „in welchem Ausmass Praktika dazu missbraucht werden, eine Anstellung hinauszuzögern“.
Als Grundlage für dieses Interesse führten die Grünen „journalistische Ermittlungen“ an, wonach Praktikantinnen und Praktikanten „monate- oder gar jahrelang nicht bezahlt werden“. Die Arbeitgeber, hiess es weiter, übertragen den im besten Fall prekär Entlohnten „trotz ihrer unsicheren Stellung viel Arbeit und Verantwortung“. Laut Auswertung des Bundesamts für Statistik (2016) wären an die 1,2 Prozent der Hochschulabgänger in der Schweiz „fünf Jahre nach Abschluss immer noch in einem Praktikumsverhältnis“. Das sind immerhin einige hundert Personen – denen man entsprechend zu mehr Fairness verhelfen wolle.
Unterschiedliche Perspektiven
Viel Erfolg war diesem Anliegen nicht beschieden: Der Bundesrat entgegnete Anfang 2017, dass es sich bei den betroffenen Hochschulabgängern „in mehr als 80 Prozent der Fälle“ um solche handle, die „ein Praktikum oder ein Volontariat“ nur „im Rahmen einer Ausbildung“ absolvieren. Zwar übten demnach ein Jahr nach Erlangung des Masterabschlusses noch mehr als 12 Prozent ein Praktikum aus. Dieser Anteil nehme mit zunehmender Dauer seit dem Studienabschluss jedoch „stark ab“: Fünf Jahre nach Erlangung des Mastergrades liege der Anteil „nur noch“ bei 1,5 Prozent.
Nun ist klar, dass dieselbe Grösse durchaus aus unterschiedlicher Perspektive beurteilt werden kann. Das grüne Anliegen wurde in diesem Sinn mit Ende 2018 „abgeschrieben“, da es vom Bundesrat nicht innerhalb der Zweijahresfrist „abschliessend“ behandelt wurde. Die „Generation Praktikum“ bleibt in diesem Sinn mit ihren Sorgen weiterhin sich selbst überlassen.
Quelle: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20163997