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Lügen bei der Bewerbung - Was ist im Vorstellungsgespräch erlaubt?

Veröffentlicht am 10.09.2020
Lügen bei der Bewerbung - Was ist im Vorstellungsgespräch erlaubt?
Den Lebenslauf verschönern oder Soft Skills erfinden - um an die begehrte Stelle zu kommen, schrecken viele Bewerber auch nicht vor handfesten Lügen zurück. Das ist nicht nur moralisch fragwürdig, sondern kann sich nachteilig auf Ihre weitere Karriere auswirken. Hier erfahren Sie, wo Sie im Vorstellungsgespräch Farbe bekennen müssen und bei welchen Fragen Sie ausweichend antworten dürfen.
Grosse Bandbreite der Bewerbungslügen
Viele Kandidaten warten mit Lügen nicht bis zum Vorstellungsgespräch, sondern präsentieren diese bereits in ihren schriftlichen Bewerbungsunterlagen. Besonders in die falsche Richtung übertrieben wird bei den fachlichen Kompetenzen, den Fremdsprachenkenntnissen, den Aufgabenbereichen in vorherigen Positionen und bei den Führungsqualitäten. Gerne werden Erfahrungen und Erfolge hochstilisiert. Ein längerer Urlaub in den USA wird schon einmal zu einem Praktikum in einem internationalen Grosskonzern und eine Arbeitslosigkeit als Selbständigkeit deklariert. Bei aller Kreativität sollten Sie nicht vergessen, dass Unstimmigkeiten im Lebenslauf immer irgendwann ans Licht kommen. Personaler haben ein untrügliches Gespür für solche Dinge und scheuen sich nicht, im Netz zu recherchieren oder im Gespräch genauer nachzuhaken. Sie mögen Ihre Lügen geplant haben, doch in Ihrem Drehbuch finden sich niemals alle Details. Angeblich haben zwei Drittel aller Personaler schon einmal Bewerber aufgrund falscher Angaben aussortiert.
 
Bei diesen Fragen müssen Sie die Wahrheit sagen
Viele Fragen dienen dazu, Ihre fachliche Eignung für die ausgeschriebene Position zu überprüfen. Wahrheitsgemäss und vollständig beantworten müssen Sie die folgenden Fragen:
  • Ausbildung (Schule und Hochschule)
  • Werdegang (bisherige Arbeitgeber)
  • Berufserfahrung inklusive Praktika
  • nebenberufliche Tätigkeiten
  • Mobilität (Umzugsbereitschaft, Führerschein)
  • Schwerbehinderung
Geantwortet werden muss auch auf Fragen zum frühestmöglichen Eintritt in das Unternehmen. Bei Positionen im höheren Management können Sie zu Wettbewerbsverboten befragt werden.

Lügen können Sie Ihre Karriere kosten
Nicht jede Lüge wird im Bewerbungsverfahren aufgedeckt. In den Vorstellungsgesprächen sitzt in der Regel nicht nur Ihr Personaler, sondern auch Ihr potenzieller Vorgesetzter, der jedes Detail in Erinnerung behalten wird. Haben Sie versichert, Chinesisch in Wort und Schrift fliessend zu beherrschen, fliegen Sie früher oder später bei einem Treffen mit Geschäftspartnern aus dem Reich der Mitte auf. Im schlimmsten Fall erwartet Sie auch nach der Probezeit die fristlose Kündigung. Selbst Jahre später kann Ihr Arbeitgeber Ihren Vertrag aufgrund einer arglistigen Täuschung anfechten. Von manch einem wurde sogar schon Schadenersatz verlangt. Durch die Unehrlichkeit wird Ihr Ruf in der Branche leiden und Sie eventuell den nächsten Job kosten. Denn es besteht immer die Möglichkeit, dass ein potenzieller Arbeitgeber Informationen über den Bewerber beim alten Chef einholen möchte.
 
Lügen erlaubt - wann die Wahrheit nichts zur Sache tut
Es gibt Situationen in einem Vorstellungsgespräch, in denen Sie durchaus zu einer Notlüge greifen dürfen. Grundsätzlich gilt: Alles Fragen, mit denen die Privatsphäre tangiert wird, sind nicht zulässig. Dazu gehören die Frage nach dem Ehe- oder Lebenspartner, der sexuellen Orientierung sowie bei Frauen Informationen zu Kinderwunsch und weiterer Familienplanung. Nichts zu suchen haben im Vorstellungsgespräch Themen wie Religion, Zugehörigkeit zu einer Partei und einer Gewerkschaft und zum bisherigen Einkommen. Stellt der Personaler eine derartige Frage, sollten Bewerber nicht mit dem Hinweis auf ihre Privatsphäre kontern. Das kostet einerseits Sympathiepunkte und kann zudem den Eindruck erwecken, etwas verheimlichen zu wollen. Die Kunst besteht darin, eine Antwort zu geben ohne zu antworten. Kommt das Gespräch auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Kindern in der Zukunft, reicht es aus, wenn Sie darauf hinzuweisen, dass dies wieder jeder andere Bereich im Leben eine Frage der Organisation sei. Sind die Fragen gar zu übergriffig, sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie in diesem Unternehmen wirklich arbeiten möchten.
 
In diesen Situationen müssen Sie Farbe bekennen
Sind unzulässige Fragen für den Job relevant, müssen Sie eine wahrheitsgemässe Antwort geben. Bewerben Sie sich als Kassierer oder in einer Bank, beantworten Sie Fragen zu eventuellen Schulden korrekt. Geht es um eine Bewerbung im Staatsdienst, sind Auskünfte zu Vorstrafen relevant. In medizinischen Berufen, Gastronomie und der Lebensmittelbranche sind Fragen insbesondere zu ansteckenden Krankheiten zulässig. Obwohl Schwangerschaft zu den Tabuthemen zählt, müssen Sie in bestimmten Situationen mit offenen Karten spielen. Zum Beispiel dann, wenn der Job aufgrund einer gesundheitlichen Gefährdung für Mutter oder Kind oder einem gewissen körperlichen Einsatz nicht mit einer Schwangerschaft zu vereinbaren ist. Der Chef dürfte bei einer falschen Antwort auf diese Frage den Arbeitsvertrag anfechten.
 
Fazit: Geben Sie Defizite zu

Lügen bringen Sie im Vorstellungsgespräch nicht weiter. Selbst wenn Sie eine Lücke im Lebenslauf haben, Quereinsteiger sind oder eine der geforderten Skills nicht perfekt oder gar nicht mit sich bringen, bedeutet das nicht zwangsläufig das Aus für die Stelle. Unternehmen suchen nach Angestellten mit Persönlichkeit, die Motivation mitbringen und das Team ergänzen. Stehen Sie daher im Bewerbungsgespräch zu Ihren Schwächen und überzeugen Sie mit Ihren vorhandenen Hard und Soft Skills.