Als Arbeitgeber wünschen Sie sich in Ihrem Unternehmen eine gesunde Dynamik zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Im Idealfall befruchten sich diese durch ein hohes Mass an Motivation, Kollegialität und Knowhow gegenseitig und bringen dadurch Bestleistungen hervor. Ein wenig Konkurrenzdenken hier und dort kann dabei sogar sehr zuträglich sein. Doch sobald dieses in das Gegenteil umschlägt und Mitarbeiter sich gegenseitig zu sabotieren beginnen, wendet sich das Blatt und Konkurrenzdenken im Unternehmen kann selbstzerstörerisch wirken. Die Zeit, Energie und Kreativität der Angestellten fliesst plötzlich nur noch in die gezielte Sabotage des „Gegenspielers“ anstatt – wie gewünscht – in die Arbeitsleistung. Und das ist leider nicht nur häufig bei zwei aufstrebenden Mitarbeitern im Kampf um eine Beförderung zu beobachten, sondern selbst zwischen Führungskräften und Angestellten auf verschiedenen hierarchischen Ebenen.
Was ist das „Othello Boss Syndrome“?
Das „Othello Boss Syndrome“ erhielt seinen Namen durch Shakespeare’s berühmtes Theaterstück „Othello“. Der gleichnamige Feldherr heiratet heimlich und ohne Erlaubnis ihres Vaters seine grosse Liebe Desdemona. Eine Intrige lässt ihn jedoch glauben, seine Ehefrau betrüge ihn mit einem jungen Leutnant. Noch bevor sich das Gerücht als Lüge entpuppt, erdrosselt er aus Eifersucht seine geliebte Desdemona.
Das „Othello Boss Syndrome“ beschreibt also das Phänomen, dass eine Führungskraft aus Motiven von Eifersucht oder Konkurrenzdenken unvernünftige und häufig auch völlig realitätsferne Sabotageversuche gegenüber ihren „Untergebenen“ durchführt. Im schlimmsten Fall artet das in Mobbing bis hin zu tätlichen Angriffen aus. Klar, dass das jedem Grundsatz „guter Führung“ widerspricht und daher von Ihnen als Arbeitgeber schleunigst und ohne jegliche Toleranz unterbunden werden muss.
Eifersucht hat viele Gesichter
Das Problem an der Sache ist, dass sich das „Othello Boss Syndrome“ zumindest zu Beginn häufig nur sehr subtil äussert. Die Grenze zwischen „gesundem Wettstreit“ und „krankhafter Eifersucht“ ist ein schmaler Grat. Doch die Problematik kann bereits im Voraus präventiv angegangen werden, denn es sind bestimmte Persönlichkeitsstrukturen, welche besonders zu Eifersucht, Neid und Realitätsverlust neigen: psychopathische und narzisstische. Es gilt daher, bei Beförderungsprozessen zukünftig auf folgende Warnzeichen zu achten und Arbeitnehmer mit folgenden Persönlichkeitsmerkmalen nicht (!) in eine Führungsposition zu heben:
- geringes Selbstwertgefühl
- übersteigertes Selbstbewusstsein bis hin zu Selbstüberschätzung
- überproportionale Risikobereitschaft
- emotionale Kälte und Skrupellosigkeit
- häufiges Lügen
- Missgunst gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten
- stetiges Streben nach Anerkennung
- übersteigerter „Wettstreit“ mit Kollegen, selbst in alltäglichen Situationen
- Unfähigkeit zum Umgang mit Kritik oder Zurückweisung
Erste Warnzeichen: Das „Othello Boss Syndrome“ erkennen
Dennoch sind Narzissten und Psychopathen Meister der Täuschung, wirken auf den ersten Blick häufig charismatisch und beinahe „faszinierend“ und ziehen daher sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber schnell in Ihrem Bann. Die Prävention des „Othello Boss Syndromes“ ist daher gewiss nicht in allen Fällen möglich. Für Sie als Arbeitgeber und Entscheidungsträger gilt es daher, die Augen offen zu halten und Ihre Führungskräfte regelmässig auf folgende Verhaltensweisen zu überprüfen:
- Mobbing einzelner Angestellter
- grundloser Entzug von Verantwortungsbereichen oder Projekten
- Verbreitung von Gerüchten, Unwahrheiten und Lügen
- Aggression psychischer oder physischer Art
- Blossstellen von Mitarbeitern
- Ungleichbehandlung eines oder mehrerer Angestellten
- willkürliches Verhalten, das sie nicht nachvollziehbar begründen können
Um schlimmere Folgen wie Mobbing, eine Kündigung oder gar gesundheitliche Schäden des Betroffenen zu vermeiden und Ihre Führungskultur im Unternehmen zu „retten“, gilt es Führungskräfte mit „Othello Boss Syndrome“ unmittelbar zur Rede zu stellen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen – je nach Schwere ihres Vergehens und Ausprägung ihrer Persönlichkeitsstörung. Denn Narzissten und Psychopathen können mit Erlangen einer gewissen Machtposition zu einer Abwärtsspirale führen, die nicht nur sie selbst und den betroffenen Mitarbeiter, sondern das gesamte Unternehmen mit in den Abgrund reisst, zum Beispiel durch einen erheblichen Imageschaden.
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